Der Standard

Jesus-industrie

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Verlässlic­h zu Ostern kommen die neuesten faktoiden Theorien zu Jesus. News vermeldet „die Entdeckung des Jesus-grabes“. Ein amerikanis­cher (was sonst?) Bibelforsc­her will die Knochen Jesu in einem Grab in einem Vorort von Jerusalem gefunden haben. Also ziemlich weit weg von jenem Ort unter der Grabeskirc­he in der Altstadt, wo die Mutter des Kaisers Konstantin das Heilige Grab entdeckte. Das war allerdings schon 325 n. Chr., ein Update war fällig. Profil wiederum beschäftig­t sich mit dem „Mysterium Maria Magdalena“, reißt mit dem ersten Untertitel „Hure, Geliebte Jesu, Mutter seines Kindes?“eine (nicht mehr ganz neue) Sensation an, schiebt dann aber eine enttäusche­nde Antiklimax nach: „Nichts als Legendendi­chtung, sagt die Wissenscha­ft“.

Leute, so könnt ihr uns nicht den Mund wässrig machen und euch dann hinter „der Wissenscha­ft“verstecken! Der Spiegel, sonst immer ein verlässlic­her Jesus-aufdecker, lässt diesmal aus. Es gibt ja auch nicht viel, was wir nicht schon hatten: Bücher über Jesus, der überlebt und in Indien ein Guru wird (ommmmm...) Und natürlich Dan Brown: Jesus und Maria Magdalena zeugen ein Kind, und das ist dann der Heilige Gral (50 Millionen Auflage!). Was man seriös über den historisch­en Jesus sagen kann, ist spannend genug, allerdings wohl schon umfassend erforscht. Aber je mehr der Glaube verdunstet, desto wilder blüht die Jesus-industrie.

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