Schluss mit Brachialrhetorik
Schmähliches Karriereende für Umberto Bossi
Mit seinem kurz vorher zurückgetretenen Schatzmeister Francesco Belsito hatte Lega-nord-chef Umberto Bossi eines gemeinsam: Während sich Belsito mit zwei gefälschten Doktortiteln schmückte, feierte Bossi seine Promotion zum Doktor der Medizin sogar drei Mal. Als dann seine erste Ehefrau Gigliola Guidali dahinter kam, dass er nicht jeden Morgen ins Krankenhaus, sondern in die Bar ging, ließ sie sich scheiden.
Bluffer Bossi schwärmte dann als Politiker von einem inexistenten Padanien, drohte Rom mit der Sezession und beschimpfte den Koalitionspartner Silvio Berlusconi als „Judas“und „Mafioso“. Noch deftiger titulierte der Meister der Brachialrhetorik stets die Journalisten. Dabei verfügte Bossi trotz aller Derbheit durchaus über politisches Gespür: Zur Glanzzeit kommandierte er eine 180 Mann starke Parlamentariertruppe.
Oft und gern hielt er rüpelhaft den Mittelfinger in die Kameras und reüssierte mit Populismus. Mit Berlusconi verband ihn einiges: die Halsstarrigkeit, ein mächtiges Ego, das unstillbare Verlangen nach Macht und die Überzeugung, unersetzlich zu sein.
Bossis glanzloses Ende löst bei vielen seiner Anhänger Entsetzen aus. Denn der Senatúr, wie er von ihnen im lombardischen Dialekt respektvoll genannt wurde, verkörperte die Lega Nord wie kein anderer. Dass er über eine schmierige Finanzaffäre stolperte, sorgt im Fußvolk gleichzeitig für Wut und Niedergeschlagenheit. Schon dass er seinen nur mäßig begabten Sohn Renzo in den lombardischen Regionalrat gehievt hatte, war bei den Leghisti auf wenig Begeisterung gestoßen; dass er jetzt über die Geldgeschäfte seines Sprösslings stolperte, ist peinlich genug.
Ein Schatten seiner selbst
Doch Umberto Bossi war schon längst nur ein Schatten seiner selbst. Seine derbe Rhetorik war zum müden Ritual verkommen, sein wilder Haarschopf ergraut, seine Stimme brüchig, der von ihm beschworene Föderalismus nichts weiter als ein Phantom. Und die gewohnten Obszönitäten waren zuletzt nur noch müde Macho-attitüde.
Der Parteigründer erklärte nun fast schon sachlich, er sei allein zum Wohle der Bewegung zurückgetreten, wolle aber weiterkämpfen – denn die erhobenen Vorwürfe seinen einfach nur „absurd“.