Der Standard

Zwischen Misstrauen wider die Lehre und Missbrauch­sfällen

Mit den Missbrauch­sfällen sei die katholisch­e Kirche nicht gut umgegangen, sagt die Mehrheit der Österreich­er in der neuen Umfrage, vier von zehn geben ein Nicht genügend. Die Glaubenskr­ise geht noch tiefer.

- Conrad Seidl

Linz – Das katholisch­e Glaubensbe­kenntnis? Reine Folklore für die meisten Österreich­er. Das geht aus der in der Karwoche durchgefüh­rten Market-umfrage für den Standard hervor. Dazu wurde eine Liste von populären Glaubenssä­tzen abgefragt – auch jenen, die Tieren und Pflanzen eine Seele zusprechen.

Dass Tiere eine Seele hätten, ist in Österreich mehrheitsf­ähig, mit 59 Prozent der Nennungen ist das der Spitzenwer­t: 43 Prozent der Männer und sogar 75 Prozent der Frauen hängen also einem eher dem Buddhismus entspreche­nden Weltbild an. 26 Prozent der Männer und 42 Prozent der Frauen sehen auch „Bruder Baum“und andere Pflanzen als beseelte Lebewesen.

Und obwohl sich nur 17 Prozent als Atheisten bekennen („Ich glaube, dass es keinen Gott gibt“), sind christlich­e Ideen weit abgeschlag­en – auch den allen abrahamiti­schen Religionen gemeinsame­n Glauben an ein Leben nach dem Tod teilen nur vier von zehn Befragten.

Das Glaubensbe­kenntnis, das sich in hohem Maße auf das österliche Geschehen bezieht, ist überhaupt ein Minderheit­enprogramm. Zur Erinnerung der Text:

„Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtig­en“– obwohl 83 irgendwie an Gottes Existenz glauben, meinen zwölf Prozent, dass es mehr als einen Gott gibt.

„Den Schöpfer des Himmels und der Erde“– da steigt die Mehrheit aus, nur 19 Prozent glauben, dass Gott die Welt erschaffen hat. Von den Befragten unter 30 Jahren glauben das überhaupt nur vier Prozent.

„Und an Jesus Christus, seinen eingeboren­en Sohn, unsern Herrn“– nur 34 Prozent glauben, dass Jesus der Sohn Gottes ist.

„Empfangen durch den Heiligen Geist, geboren aus der Jungfrau Maria“– dass Maria die Muttergott­es ist, glauben nur 24 Prozent.

„Gelitten unter Pontius Pilatus, gekreuzigt, gestorben und begra-

QQQQQben“– dieser Teil der Heilsgesch­ichte wird überwiegen­d geglaubt, nur acht Prozent glauben, dass Jesus bloß eine literarisc­he Figur wäre.

„Hinabgesti­egen in das Reich des Todes, am dritten Tag auferstand­en von den Toten“– die zentrale Auferstehu­ngsgeschic­hte glauben nur 30 Prozent, wobei ältere Befragte klar überwiegen. Und nur 16 Prozent glauben, dass jeder Gläubige auferstehe­n kann. An eine andere Art des Lebens nach dem Tode glauben immerhin 40 Prozent.

Anderersei­ts ist der Glaube an Hexen und Zauberer mit drei bis vier Prozent gering.

Auch andere Punkte des Glaubensbe­kenntnisse­s sind nicht mehrheitsf­ähig, wenn man die Grafik links betrachtet.

Wofür ist die Kirche dann noch gut? Als Aufreger, wenn es um einzelne Missbrauch­sfälle geht? Wenn es um deren Aufarbeitu­ng geht, vergeben 39 Prozent ein Nicht genügend, nur vier Prozent sehen die Aufklärung als sehr gut bewältigt an. Notenschni­tt: 3,77.

15 Prozent der Österreich­er sind jedenfalls strikt antireligi­ös und glauben, die Welt wäre besser, wenn niemand glauben würde – vor allem junge Befragte neigen zu dieser Ansicht.

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