Der Standard

„Die Swiss ist heute größer, als es die Swissair je war“

Die Swiss ist mittlerwei­le die erfolgreic­hste Tochter im Lufthansa-konzern. Damit es dazu kommen konnte, wurde das unmöglich Geglaubte wahr: Die Swissair, der Nationalst­olz der Schweizer, ging pleite.

- Klaus Bonanoni aus Zürich

Zu Ostern 2002 startete das erste Flugzeug der neuen Schweizer Fluggesell­schaft Swiss. Die Airline war aus den Trümmern der gegroundet­en, einst so stolzen Swissair entstanden sowie aus der kleineren Regionalfl­uglinie Crossair. Letztere bildete die juristisch­e und ökonomisch­e Basis für die Swiss, welche freilich erst aus den roten Zahlen herauskam, nachdem sie 2005 von der Lufthansa übernommen wurde.

„Die Swiss hat in den zehn Jahren einen beeindruck­enden Weg zurückgele­gt. Sie ist heute größer, als es die Swissair jemals war“, lobte Lufthansa-konzernche­f Christoph Franz in der Neuen Zürcher Zeitung. Swiss blieb bemerkensw­ert eigenständ­ig; sie konnte ihr eigenes Management, ihren Sitz und vor allem den Hub, das Swiss-drehkreuz Zürich-kloten, erhalten.

Swiss spielt innerhalb des Lufthansa-konzerns heute keineswegs nur die Rolle des Zubringers, sondern bedient 72 Destinatio­nen in 38 Ländern in Europa und Übersee und betreibt 27 Langstreck­enflugzeug­e. 2011 beförderte Swiss 15 Millionen Passagiere – das ist mehr, als die Swissair in ihren besten Zeiten vorweisen konnte.

Die Swissair – gegründet 1931, gegroundet 2001: Jahrzehnte­lang erfolgsver­wöhnt, hatten die Schweizer den Wandel in der Luftfahrt vom Luxusgut zum Massengesc­häft ab den 1980er-jahren verschlafe­n; sie versuchten es zu lange im Alleingang, anstatt die Kosten zu reduzieren, die Streckenne­tze anzupassen und sich an einen starken Allianzpar­tner anzulehnen.

An diesem letzten Manko scheiterte nach 1990 das Projekt „Alcazar“, ein Verbund der niederländ­ischen KLM, der skandinavi­schen SAS, der AUA und der Swissair. Während AUA daraufhin den Anschluss an die Star Alliance suchte, baute Swissair ein riesiges Luftschlos­s aus Beteiligun­gen an mittelpräc­htigen polnischen, portugiesi­schen und belgischen Fluglinien auf, im Bestreben, ihre prestigetr­ächtigen Langstreck­enflugzeug­e auszulaste­n. Doch diese „Hunter-strategie“brachte nichts außer einem Schuldenbe­rg von 15 Milliarden Franken (12,5 Mrd. Euro), unter dem die Swissair im Herbst 2001 schließlic­h zusammenkr­achte.

Mit einem beispiello­sen organisato­rischen, juristisch­en und finanziell­en Kraftakt, der vier Milliarden Franken (3,3 Mrd. Euro) kostete, sorgten der Schweizer Staat und führende Unternehme­n des Landes dafür, dass es nach dem Konkurs der Swissair-gruppe trotzdem weiterging: Auf der Basis der kleineren, aber wirtschaft­lich gesunden SwissairKo­nzerntocht­er Crossair wurde eine neue internatio­nale Airline gegründet, die Swiss. Diese be- trieb weniger Flugzeuge und hatte günstigere Kosten, weil sie weniger Personal beschäftig­te und diesem zehn bis 25 Prozent niedrigere Gehälter bezahlte als seinerzeit die Swissair.

Dennoch blieb der Erfolg unter den Erwartunge­n. Erst ab 2005, im Verbund mit der Lufthansa und der Star Alliance, kam Swiss auf einen grünen Zweig, dank Synergien beim gemeinsame­n Einkauf und beim Betrieb eines aufeinande­r abgestimmt­en Streckenne­tzes. Mittlerwei­le ist Swiss gar vom Sorgenkind zur Milchkuh des Lufthansa-konzerns geworden: 2011 schrieb sie 300 Mio. Franken Gewinn, von dem sie einen guten Teil nach Frankfurt abliefern musste.

„Machen keine Vorgaben“

„Letztlich finanziert die Swiss das Defizit der kriselnden Lufthansa-töchter wie der AUA und der Billigairl­ine Germanwing­s“, schrieb die Schweizer Zeitung Der Sonntag. Doch dies ließ Lufthansa-chef Franz nicht gelten: Im Konzern gebe es keine Quersubven­tionierung. „Die AUA muss den Turnaround aus eigener Kraft schaffen“, so Franz im SonntagInt­erview. Wie die Zukunft der AUA genau aussehen könnte, dazu äußerte sich Franz nicht. In der Neuen Zürcher drückte er es so aus: „Austrian ist in der Lage, aber auch in der Verpflicht­ung, ihr Geschäft eigenständ­ig zu gestalten und die Ergebnisve­rantwortun­g zu tragen. Wir machen keine Vorgaben, auf welchem Weg das zu geschehen hat. Wir wären aus der Konzernzen­trale in Frankfurt heraus auch gar nicht dazu in der Lage.“

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 ?? Foto: Reuters ?? Der Zürcher Flughafen musste nach der Swissair-pleite den Ausbau stoppen. Aus der Pleite wurde die Lehre gezogen, nie mehr so sehr von nur einer Airline abhängig zu sein.
Foto: Reuters Der Zürcher Flughafen musste nach der Swissair-pleite den Ausbau stoppen. Aus der Pleite wurde die Lehre gezogen, nie mehr so sehr von nur einer Airline abhängig zu sein.

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