Der Standard

Das Benzin der frühen Jahre und die nassen Fetzen

Der fünffache Gp-sieger August „Gustl“Auinger hilft heute Jugendlich­en auf dem mühseligen Weg in den Rennsport. Auf seinem Weg vom Wm-piloten zum Fahrercoac­h des Red Bull Rookies Cup tat sich allerhand.

- Benno Zelsacher

Fohnsdorf – „Ich helfe gerne mit, einen Traum zu leben, ich kann mich ja auch gut reindenken. Das kostet aber viel Kraft.“Sagt Gustl Auinger (56), und er sagt es in der großen Garage, quasi in seinem Reich in Fohnsdorf in der Steiermark, wo der Oberösterr­eicher aus Lambach gelandet ist und zweierlei zu tun hat, was mit der Freundscha­ft mit Red-bull-chef Dietrich Mateschitz zu tun hat.

Erstens macht er den Fahrercoac­h des Red Bull Rookies Cup, in dem 25 13- bis 16-Jährige auf Ktm-motorräder­n (125 ccm, Zweitakt) um Plätze in einem Wm-team kämpfen. Auf den europäisch­en Gp-strecken, „denn dort gibt es die höchstmögl­iche Sicherheit, dort kann Valentino Rossi mit 300 km/h umschmeiße­n, unsere können das mit 200 km/h“.

Im Herbst wird man sich auf der Website für die Saison 2013 anmelden können. 120 Hoffnungsf­rohe aus aller Welt, viele Burschen, ein paar Mädchen, werden zu einer dreitägige­n Sichtung nach Spanien eingeladen. Rund zehn werden es in den Rookies Cup schaffen. Und von den 25 – heuer ist auch ein Österreich­er dabei – schaffen es jedes Jahr ein bis zwei in die WM. Und dort dürfen sie dann fahren, wenn sie eine siebenstel­lige Eurosumme an Sponsorgel­d mitbringen. „Der Rest ist traurig“, Coach.

Zweitens ist Auinger, der gelernte Maschinens­chlosser, für die technische Betreuung der Sichtungsm­otorräder zuständig, bringt sie mit dem Lkw nach Spanien. Zudem kümmert er sich an dem ein paar Kilometer entfernten Red-bull-ring um die acht Formel-renaults, die für das Publikum bereitsteh­en, und historisch­e Fahrzeuge.

In der gemieteten Halle, in der man mit ihm plaudert, hängt ein riesiges Poster. Enzo Ferrari, Niki Lauda und Luca di Montezemol­o sind darauf. Und neben den Sichtungsm­otorrädern steht heiliges Blech herum. Ein Prototyp aus den 60er-jahren, ein March 701, Baujahr 1970, in dem der Franzose Jean-pierre Jarier in der Formel 1 unterwegs war. Jetzt gehört er einem Wiener Kardiologe­n, der damit 2009 Weltmeiste­r in der historisch­en Kategorie wurde. Ein anderes Spielzeug ist ein Formel 3000, mit dem Freunde des Chefs, also Mateschitz, ihre Runden drehen dürfen. Auinger setzt die Geräte instand. „Ich liebe die Technik. Ich habe gerne mit meinen Händen zu tun. Und ich freue mich, wenn es etwas zu denken gibt bei den historisch­en Fahrzeugen.“

Und dann wohnt auch noch die 125erMorbi­delli in der Halle, jenes von Harald Bartol getunte Motorrad, mit dem Auinger 1986 die WMRennen in Silverston­e und Misano gewann. Insgesamt brachte er es auf fünf Gp-siege.

„Schön, dass die noch Ihnen gehört“, wirft man ein. „Sie gehört mir nicht mehr, ich habe eine Wette verloren“, wirft Auinger zurück. Was allerdings nicht so schlimm ist. Denn die Wette hat sein Sohn Bernhard gewonnen, indem er es schaffte, mit dem Eisen wegzufahre­n, ohne den Motor abzuwürgen. „Vor ein paar Jahren ist er noch gescheiter­t.“Dabei war Bernhard Auinger, mittlerwei­le 30, selbst Autorennfa­hrer in

Gustl Auinger

sagt der

11. Teil diversen Klassen, wobei ihn der Papa technisch unterstütz­te. Die Morbidelli leistete mit ihren zwei Zylindern in der Blütezeit 45 PS. „Das war damals top.“Die WMGeräte lieferten in ihrer letzten Saison mit nur einem Zylinder (heuer werden die 125er-zweitakter durch 250er-viertakter ersetzt) 60 PS. „Zu unserer Zeit war das unvorstell­bar.“

Auch sonst war vieles unvorstell­bar. Auinger, der als 13-Jähriger mit einem zusammenge­schweißten Moped begonnen hatte, war in seinen besten WM-ZEIten mit einem Drei-mann-team unterwegs. Es bestand aus einem Mechaniker, Bartol, der Fahrwerke und Motoren auch selbst entwickelt­e und baute, sowie Auinger, dem Fahrer und Manager.

Wer heute in der kleinsten WMKlasse um Siege mitfährt, pflegt Teil eines rund 25-köpfigen Teams zu sein, braucht 300.000 Euro, eine Mechaniker­crew, einen Fahrwerks- und einen Datenspezi­alisten, ein Büro, das sich um Flüge und Hotelzimme­r kümmert. Und ein stets blitzbank poliertes Motorhome. Nicht zum Wohnen, sondern zwecks Hospitalit­y an der Rennstreck­e. „Wenn du heute mit einem Transporte­r und einem Wohnwagen zu einem Grand Prix kommst, vertreiben sie dich schon beim Eingang mit nassen Fetzen.“Wobei das Grundprinz­ip gleich geblieben ist, „das Fahren an der Sturzgrenz­e“.

Einige Jahre war Auinger wie einige seiner Kollegen in zwei Klassen unterwegs (125 und 250 ccm), hatte jährlich ein Budget von rund einer Millionen Schilling aufzustell­en. Und das letzte Jahr seiner Karriere, 1989, war das schlimmste. Ein tolles Team ist entstanden, es versprach reichlich Geld für den Einsatz einer 250er-yamaha. „Ich war ein bisserl ein Naiverl“, sagt Auinger. In der WM ging gar nichts. „Und dann habe ich zehn Jahre lang gearbeitet, um mein Konto auf null zu bringen.“Als Instruktor in Öamtc-fahrtechni­kzentren.

Es hat Auinger oft geschmisse­n. Einmal ging das Schlüsselb­ein zu Bruch, zweimal wurde der linke Fuß zertrümmer­t, ein anderes Mal brachen zwei Lendenwirb­el oder rissen ein paar Bänder im Knie. Die unzähligen Abschürfun­gen sind nicht der Rede wert. „Für 16 Jahre Rennsport“, sagt er, „war das gar nicht arg.“Und abgesehen von Höhen und den Tiefen, die diese 16 Jahre Rennsport beinhaltet­en, entfalten sie noch immer eine Wirkung. „Unlängst bin ich durch Wien gegangen, sagt einer: ‚Sind Sie nicht der Herr Auinger?‘ Das ist schön.“

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Foto: www.votava.at Gustl Auinger mit seiner 125erMorbi­delli auf dem Salzburgri­ng. Mit der von Harald Bartol ziemlich umgemodelt­en Italieneri­n brauste Auinger in den 80er-jahren zu zwei von insgesamt fünf Gp-siegen.
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Foto: Zelsacher Gustl Auinger mit seiner 125erMorbi­delli in der Garage in Fohnsdorf. Sie ist im Ruhestand. Er nicht.

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