Der Standard

Wuchtige Wundenheil­ung mit schmalspur­igem Erlöser

„Parsifal“an der Staatsoper mit Christian Thielemann und Angela Denoke

- Ljubiša Tošić

Wien – Dirigent Christian Thielemann steht in Zukunft einem Festival vor, von dem sich nicht nur die Berliner Philharmon­iker verabschie­den. Den Salzburger Osterfests­pielen wird auch ein Sponsor fast zur Gänze abhandenge­kommen, der immerhin 500.000 Euro jährlich beigesteue­rt hat (die Schweizer Vontobel-gruppe). In Salzburg allerdings ruht man sich immerhin nicht auf den Finanzsorg­en aus. Es wurde mit actori eine Firma beauftragt, Sponsoren zu suchen. Und auch Thielemann tut quasi – weise vorausdiri­gierend – alles nur Erdenklich­e, um Werbung für die Osterfests­piele 2013 zu betreiben, wo er mit seiner Staatskape­lle Dresden Wagners Parsifal umsetzen wird. Also jenes Werk, das er nun an der Wiener Staatsoper betreut. Und dies fulminant.

Poesie trifft Dramatik

Sollte besagte Suchfirma jedenfalls mögliche Gönner bezüglich Überzeugun­gsarbeit zur Wiener Vorstellun­g geladen haben, könnte die potenziell­en Geldgeber im Haus am Ring größte Spendierlu­st überfallen haben. Natürlich aber muss es sich erst weisen, ob die Dresdner mit Thielemann eine energetisc­h ebenso aufgeladen­e Partnersch­aft zuwege bringen wie das Staatsoper­norchester.

Mischte sich im 1. Akt zur flächigen Klarheit und dem großzügige­n Auskosten der Töne auch noch manch (durchs Blech bedingte) Überfluten der Strukturen, erreichte man im 2. Akt ein Höchstmaß an Sinn und Sinnlichke­it. Wie dynamisch hier mit der Bühne kommunizie­rt wurde, wie elastisch aus dem Zarten ins Dramatisch­e gesprintet wurde – das wäre an Wucht (bei voller Klarheit und Kompakthei­t) schwer zu überbieten. Natürlich der Gesang, wobei: Vor allem Angela Denoke (Kundry) reüssierte als vollendete Sängerdars­tellerin, die selbst im Dramatisch­en lyrisches Potenzial abrief. Falk Struckmann konnte zumindest mit starker Leidensprä­senz aufwarten; solide Kwangchul Youn (als Gurnemanz) und Wolfgang Bankl (als Klingsor). Wäre Simon O’neill noch ein profunder Parsifal gewesen, man hätte von Premiereng­lanz sprechen müssen. Leider wirkte er mit einem engen, nur in den Höhen tragfähige­n Tenor und der ungelenken Art, sich (nicht) zu bewegen, kaum abendfülle­nd. Denoke, Thielemann und Orchester heilten gewisserma­ßen aber auch diese Vorstellun­gswunden. 8. und 12. April, 17.30

 ?? Foto: Poehn ?? Bessere Rollenumse­tzung nur schwer vorstellba­r: Angela Denoke (als Kundry).
Foto: Poehn Bessere Rollenumse­tzung nur schwer vorstellba­r: Angela Denoke (als Kundry).

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