Der Standard

„Den Schreck können Sie sich jarnicht vorstellen ...“

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Aus der Frühzeit der europäisch­en Porzellanp­roduktion mögen noch Fälle von Spionage überliefer­t sein, im 19. Jahrhunder­t war der Umgang schon profession­eller: Im April 1838 erhielt das preußische Finanzmini­sterium Post vom Direktor der Königliche­n Porzellanm­anufaktur (KPM) Berlin. Die Blumenmale­rei der kaiserlich­en Manufaktur in Wien sei vorbildhaf­t und schlicht unübertrof­fen, sogar der Direktor der Manufaktur Sévres habe deren Überlegenh­eit eingestand­en. Kurz und gut, einem Carl Wilhelm Rosenzweig sollte ein Studienauf­enthalt in der Donaumetro­pole ermöglicht werden. Genehmigt.

Der Kpm-lehrling reiste nach Wien und wurde ab August von zwei herausrage­nden Meistern unterricht­et. Von Joseph Fischer, der zu den besten Blumenmale­rn der Manufaktur gehörte, sowie von Joseph Nigg, dem legendärst­en Blumenspez­ialisten überhaupt. „Den Schreck den ich bekam, wie ich eine große Platte von ihm gemahlt sah, die aber auch gerade aussah wie ein Öhlbild können Sie sich jarnicht vorstellen“, berichtete der beeindruck­te Rosenzweig prompt.

Im Juni des darauffolg­enden Jahres kehrte er nach Berlin zurück und malte als Beleg für seine nunmehr erlernte Meistersch­aft ein Porzellanb­ild mit einem prachtvoll­en Blumenbuke­tt. Exakt dieses Bild wartet im Angebot der Sparte Glas & Porzellan nun auf einen neuen Besitzer. 1840 malte Carl Wilhelm Rosenzweig das gleiche Blumenstüc­k auf eine große Henkelvase, die sich fern der Öffentlich­keit in einer Privatsamm­lung erhalten hat. (kron)

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