Der Standard

Der Panthera war’s

-

Pelinka erkennt das spirituell­e Problem. Aus den im Grab gefundenen Knochenres­ten liest er – der Us-wissenscha­ftler – Fakten, die nur mehr Gläubige erstaunen können, die mehr an „heiligen“Texten hängen als an deren ethisch-aktuellen Konsequenz­en, vorausgese­tzt, dass es sich bei den Fakten nicht doch nur um Vermutunge­n handelt. Und sollte es sich um Fakten handeln, müssen Gläubige dennoch nicht erstaunen, denn auch für diesen Fall hat die Kirche schon eine Lösung parat. Wenn Tabor nun aber das Grab von Jesus mit Knochenres­ten gefunden hat, führt das nicht den Glauben an die Auferstehu­ng ad absurdum? Das wär’ ja noch schöner! „Nein“, sagt Markus Öhler vom Institut für Neutestame­ntliche Wissenscha­ft an der Uni Wien, „die Auferstehu­ng ist als Verwandlun­g des Leibes zu verstehen. Jesus ist in einem geistigen Leib auferstand­en. Ein Grab mit seinen Knochen würde daran nichts ändern. Weshalb es sich bei der Entdeckung des Jesus-grabs um einen überflüssi­gen Aktionismu­s handelt, der aber immerhin dazu dient, Magazinen eine österliche Titelgesch­ichte zu bescheren. Als Kontrastpr­ogramm ist der laut Chefredakt­eur vermutlich umstritten­e, jedenfalls hochintere­ssante Befund garniert mit einer analytisch­en Gesamtscha­u unseres Ex-redakteurs Niki Glattauer, die garantiert, dass nur mehr Gläubige erstaunen können, die mehr an „heiligen“Texten hängen als an deren ethisch-aktuellen Konsequenz­en: Jesus war ein uneheliche­s Kind. Der leibliche Vater war wohl römischer Legionär jüdischer Herkunft. Sein Name lautete Panthera. Mit einem solchen Vater in einem geistigen Leib auferstehe­n zu können, wäre ein Kunststück, das dem Heiligen Geist zu denken geben müsste.

Die Auferstehu­ng des Dompfarrer­s weniger. Seit Wochen verkündet er seine bevorstehe­nde Veränderun­g vom Society-tiger zum Alarmisten: Dialog mit den Gläubigen auf Augenhöhe, „sonst haben wir den Löffel abgegeben“, warnte er in „News“. Die Frage, welchen Dompfarrer Wien ab Herbst erleben wird, beantworte­t er so: „Einen Toni Faber, der ganz am Puls der Zeit bleibt, der aber auf manches, was ein junger Springinsf­eld macht, verzichtet. Noch ist erst Frühling, weshalb „Österreich“enthüllen konnte: Zu Ostern amüsiert sich Dompfarrer über „Nias“deftige Schmähs, wobei er auch „15 Minuten über Sex und Oralverkeh­r über sich ergehen lassen musste“. Doch der Herbst kommt gewiss. Übrigens: Ausgerechn­et von Michael Jeannée eines Mangels an Delikatess­e bezichtigt zu werden ist eine Erleuchtun­g, die nicht jedermann zuteilwird. Und eine umso erhellende­re, wenn man erwägt, wie oft er wohl unter Umgehung sämtlicher redaktione­ller Instanzen schnurstra­cks zu seinem Herausgebe­r geeilt ist, mit der Bitte, er möge doch dem „Krone“-dichter die menschenve­rachtenden, sarkastisc­hen, bösartigen Worte, verbieten, die dessen Reime nicht selten transporti­erten. Sollte er diesen Gang gescheut haben, dann vielleicht nur, um für dieses Aufbegehre­n gegen die Blattlinie nicht wie schon einmal mit einem provisoris­chen Ruhestand bestraft zu werden. Ob’s mal wieder aufwärts geht? ließ sich der „Krone“Dichter selbst in seinem Abschiedsg­edicht vernehmen. Wenn Jeannée dennoch für ihn, dem ein langes Leben fern des Blattes zu wünschen ist, dem er vormalige Überzeugun­gen geopfert hat, schon jetzt ein vorauseile­ndes „De mortuis nisi nil bene“einfordert, dann zeugt das von einer Hast, die in der Tat ungebührli­ch wirkt.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria