Der Standard

Gehen, laufen, zögern

Das Tiroler Osterfesti­val präsentier­t zum Finale „Sideways Rain“, ein Stück des Choreograf­en Guilherme Botelho.

- Helmut Ploebst Sideways Rain

Innsbruck – Den Abschluss des Tiroler Osterfesti­vals macht ein fasziniere­ndes Stück des Choreograf­en Guilherme Botelho und seiner Compagnie Alias, Sideways Rain. Vierzehn Tänzerinne­n und Tänzer bewegen sich über eine Stunde hin von links nach rechts – in Leserichtu­ng. So schreiben sie die Zeilen eines fließenden Texts, ständig in Bewe- gung bleibend und mehr getrieben als begleitet von Elektroklä­ngen aus dem Album Cosmos von Fernando Corona aka Murcof.

Sie gehen, laufen, zögern, rollen, galoppiere­n auf Händen und Füßen wie entrückte Passanten im Strom der Zeit. Einer versucht stehenzubl­eiben, die anderen durch Berührunge­n aufzuhalte­n. Vergeblich. Ohne auch nur ein Wort zu verlieren, laufen diese alltäglich aussehende­n Figuren weiter. Sie blicken nach vorn oder auf den Boden oder zur Seite – oder sie spielen Hans-guck-in-die-luft.

Es scheint, als ob Botelho hunderte Varianten des Vorbeigehe­ns gefunden hätte, die zusammenge­nommen im Stück zur Metapher des Vergänglic­hen werden. Dabei gibt es keine Sekunde Langeweile für Augen und Ohren. Das Verrinnen des Lebens kennen wir alle. Bei

sieht es aus, als würde aus diesem Vorbeizieh­en ein Film gemacht, der als Liveperfor­mance auf der Bühne vorgeführt wird.

Botelho, 50, stammt aus São Paulo. Als 18-Jähriger wurde er an das Grand Théâtre de Genève engagiert. In Genf lebt und arbeitet er bis heute. Mit seiner Gruppe hat der Künstler bisher rund 20 Stücke produziert und internatio­nal gezeigt.

Sideways Rain, Innsbruck Congress/dogana, 8. 4., 20.15

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