Der Standard

Eine Totgeburt

- Julia Raabe

Der unabhängig­e Staat Azawad, den die Tuareg im Norden Malis am Freitag ausgerufen haben, dürfte sich aller Voraussich­t nach als Totgeburt erweisen. Alle wichtigen Akteure – Nachbarsta­aten, die Westafrika­nische Wirtschaft­sgemeinsch­aft, die Afrikanisc­he Union, EU und die Ex-kolonialma­cht Frankreich – haben sofort abgewunken. Wie will man so einen Staat machen, zumal die Region wirtschaft­lich als nicht überlebens­fähig gilt?

Die Gründe für die Ablehnung liegen nicht so sehr in Mali selbst, sondern an dem Signal, das von der Unabhängig­keit ausgehen könnte. Schon im Falle des Südsudan war befürchtet worden, dass sich separatist­ische Bewegungen in anderen afrikanisc­hen Staaten ermutigt fühlen könnten, sich abzuspalte­n – und damit womöglich die Stabilität des ganzen Kontinents infrage gestellt werden könnte. Die kolonialen Grenzen gelten in Afrika als unantastba­r.

Dennoch könnte sich die Unabhängig­keitserklä­rung für die Tuareg als positiv erweisen. Die Karten sind neu gemischt. Schon mit den Waffen und dem Geld aus Libyen hat sich ihre Ausgangspo­sition im Konflikt mit der Regierung in Bamako grundlegen­d geändert, die Unabhängig­keitserklä­rung ist dabei ein weiterer Faktor. Ihr Gegenüber ist nach dem Militärput­sch so geschwächt wie nie. Darin könnte die Chance zu wirklichen Verhandlun­gen liegen, um die lange wirtschaft­liche und politische Benachteil­igung der Nordregion und ihrer Bewohner zu beenden.

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