Wo Omar Sharif niemals wohnte
An einem Bridgeabend verspielte der Schauspieler eine ganze Villa. Ein Glücksfall.
Einer der schönsten Plätze auf der an schönen Plätzen reichen Kanarischen Insel Lanzarote heißt Lagomar. Der einheimische Künstler César Manrique hatte dieses pittoreske, strahlend weiße Wohnhaus in die aufgelassene Abbauhalde für Vulkanstein hineingebaut. Große Lavablasen verwandelte er in Wohnräume, verband die Zimmer durch Treppen und Gänge, baute Aussichtswarten, Erker, Pools und verschmolz so moderne Architektur mit den Gegebenheiten der Natur.
Dass dieses architektonische Kleinod heute ausgiebig zu besichtigen ist und ein kleines Gästehaus samt Restaurant beherbergt, hat mit vielen Zufällen zu tun. Die Regierung von Lanzarote hatte das Haus dem Schauspieler Omar Sharif geschenkt, der die Insel und ihre Schönheit anlässlich eines Filmdrehs kennengelernt hatte. Doch Sharif, ein passionierter Bridgespieler, verspielte sein Geschenk binnen einer Nacht. Er hat nie in dieser Villa gewohnt, nur der Name des Hauses, (Lag)omar, erinnert noch an ihn.
An Lagomar lässt sich das verdienstvolle Wirken von César Manrique genau studieren. Die Naturmaterialien, die er verwendete, die surrealen Elemente, die sich in jedem Detail wiederfinden, die Farbe Weiß, die er in Kontrast zum Lava-schwarzdunkel setzte.
Überall auf der Insel trifft man auf das Vermächtnis des Malers, Architekten, Bildhauers, Umweltschützers Manrique. Schon in den 70er-jahren konnte er die lokalen Politiker dazu überreden, keine Bausünden zuzulassen, die der Massentourismus andernorts hervorbrachte. Stattdessen nur weiße Häuser mit maximal zwei Stockwerken (jedenfalls meistens), keine Werbung auf der ganzen Insel (sic!), wenig Straßenbeleuchtung ... Noch immer, Jahre nach dem Tode Manriques 1992, werden diese Vorgaben im Wesentlichen befolgt.
Viele der wichtigsten Touristen-hotspots wurden von Manrique geplant und so gebaut, dass sich ihre Funktion erst bei Betreten der Gebäude erschließt. Bei der an der Spitze des „Feuerberges“Timanfaya gelegenen Aussichtswarte samt Restaurant El Diabolo wurde vulkanisches Material aus der Umgebung verwendet. Das Gebäude ist quasi Teil der Bergspitze und erlaubt grandiose Ausblicke auf die wie eine Mondlandschaft aussehenden Kraterund Vulkankegel rundherum. Der Besuch des Nationalparks, in extra dafür vorgesehenen Bussen, ist nur auf fixen Routen erlaubt. Ebenso der Ritt auf einem Kamel.
Die Hitze des Vulkans ist auch an der Spitze des Berges zu spüren. Nur sechs Meter unter der Erdoberfläche hat es 360 Grad – diese Hitze nutzt man im Restaurant zum Grillen. Und führt den Touristen vor, wie schnell ein trockenes Büschel Gras zu brennen beginnt.
Auch beim Jameos del Agua, unten, in der Nähe des Meeres, wird die Handschrift Manriques sichtbar. Jameos sind Einsturztrichter und Hohlräume, die sich entlang eines Vulkantunnels bilden können; es gibt davon mehrere auf Lanzarote. Der Jameo del Agua wurde 1966 von Manrique in einen Konzertsaal samt Schwimmbad, Museum und Restaurant umgestaltet. Die Vulkanröhren (es sind dies Tunnel, die durch das Erstarren von Lavamasse entstanden) lassen sich teilweise erwandern. Auf Lanzarote gibt es das wahrscheinlich größte Lavatunnelsystem der Welt.
Geriebener Stein
Überall auf der Insel wird der Lavastein agrarisch genutzt. Er wird an Steinbrüchen, wie bei der Villa Lagomar einst, abgebaut, fein gerieben und dann auf die trockene Erde Lanzarotes geschichtet. Die Feuchtigkeit der Nacht lässt sich so speichern. Auch wenn es selten regnet auf Lanzarote, können so Wein, Erdäpfel und Hülsenfrüchte angebaut werden. Diese ergeben, zusammen mit Fisch eine bodenständige lokale Küche – die kleinen, schrumpeligen Erdäpfel, die in Meerwasser gekocht und mit Paprika- oder Korianderdip serviert werden: