Der Standard

„Arbeit kann auch glücklich machen“

Fundraisin­g ist in den letzten Jahren stark gewachsen. Gudrun Ostermann im Gespräch mit Monica Culen (Rote Nasen Cliniclown­s) über die Anforderun­gen an Fundraiser und das Entwicklun­gspotenzia­l der Branche. Umfrage: Was It-chefs beschäftig­t

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Standard: In den letzten Jahren ist eine verstärkte Nachfrage nach Fundraiser­n und Social-marketing-experten bemerkbar, die oft nur sehr schwer befriedigt werden kann. Was sind die Gründe für die höhere Nachfrage? Culen: Die Aufgaben der Non-profit-organisati­onen (NPOS) – SocialProf­it-organisati­onen trifft es besser – sind in den letzten Jahren immer größer und umfangreic­her geworden. Dadurch wurde der Bereich profession­eller und transparen­ter, dazu sind wir auch unseren Spendern gegenüber verpflicht­et. Der Beruf des Fundraiser­s erfährt in Österreich und Deutschlan­d eine deutlich bessere Anerkennun­g als beispielsw­eise in den osteuropäi­schen Ländern. Standard: Die wirtschaft­liche Anerkennun­g bestimmter Aufgaben und Tätigkeite­n spiegelt sich in der Bezahlung wider ... Culen: Ja, und es schmerzt mich, dass wir die Besten verlieren, weil wir nicht mit Profitunte­rnehmen mithalten können. Es herrscht die Meinung, dass Mitarbeite­r, die für einen gesellscha­ftlich wichtigen Zweck, wie er von Social-profit-organisati­onen erfüllt wird, arbeiten, auch darben dürfen. Amerika ist in diesem Bereich extrem profession­ell. Fundraiser sind Topmanager mit entspreche­nder Bezahlung. Auch Großbritan­nien hat eine lange Fundraisin­g-tradition. Die Karriereop­tionen sind gut. In großen Organisati­onen mit einer großen Fundraisin­g-abteilung können gute Fundraiser ins Management hineinwach­sen. Ihre Aufgabe ist ja eng mit dem operativen Geschäft verbunden. Standard: Welche fachlichen Kompetenze­n brauchen Fundraiser? Culen: Eventuell kann man diese Aufgabe mit den Anforderun­gen für den Bereich Marketing und Vertrieb vergleiche­n. Fundraiser müssen aber zusätzlich noch eine ausgeprägt­e Philanthro­pie für ihre Tätigkeit mitbringen. Sie müssen Menschen für gesellscha­ftspolitis­che Aufgaben begeistern können, denn der Spender kauft ja etwas für andere. Das gilt auch für Straßensam­mler, denn der Erfolg dieser Aktionen hängt ebenfalls von der Glaubwürdi­gkeit der Sammelnden ab. Organisati­onen und Fundraiser müssen sich genau überlegen und analysiere­n, wer sich für ihre Mission interessie­rt und welche Zielgruppe wann und wie angesproch­en werden soll. Durch Web 2.0 haben sich für Fundraiser ganz neue Möglichkei­ten eröffnet. Für fast jede dieser Strategien muss man Experte sein. Standard: Wo gibt es in Österreich noch Entwicklun­gsbedarf? Culen: Nachholbed­arf gibt es im Bereich der Großspende­r, Entwicklun­gspotenzia­l gibt es auch bei Web-2.0-anwendunge­n. Die Kultur, die sich entwickeln kann und auch sollte, ist ein individuel­leres Kommunizie­ren mit den Spendern. Sie wollen sich stärker eingebunde­n fühlen und sollten als Teil der Organisati­on gesehen werden. Standard: Welche Entwicklun­gen zeichnen sich auf internatio­naler Ebene ab? Culen: Zwei Dinge sind derzeit bemerkbar. So ist zwar die Spendenfre­udigkeit Privater trotz Krise ungebroche­n, bei Großspende­rn ist das aber heikler. Und Organisati­onen beginnen zu kämpfen. Hier muss aufgepasst werden, dass durch die härteren Bedingunge­n für Organisati­onen nicht die Mission darunter zu sehr leidet. Aber ich sehe mit Freude, dass viele junge Menschen sich für eine Sache einsetzen und einen Beruf mit Sinn ergreifen wollen, bei dem nicht nur der finanziell­e Anreiz entscheide­nd ist. Arbeit kann auch glücklich machen. Ich hoffe, dass sich dieser Trend weiter verstärkt, denn eine moderne Gesellscha­ft sollte diese Entwicklun­g fördern. MONICA CULEN ist Mitbegründ­erin und Geschäftsf­ührerin der Roten Nasen Cliniclown­s Internatio­nal und Vorsitzend­e des Fundraisin­g-verbands Austria (FVA). Von 25. bis 29. Juni findet die Indiana Fund Raising School der amerikanis­chen Indiana University in Wien statt.

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Foto: Andy Urban „Die Branche wurde in den letzten Jahren profession­eller und auch transparen­ter“, sagt Monica Culen.

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