Der Standard

Tony Blair: „Nähe ist nicht das Problem“

Ex-premier attestiert sich vor der Murdoch-kommission eine weiße Weste

- Sebastian Borger aus London

Der frühere Premiermin­ister Tony Blair hat Versäumnis­se in der britischen Medienpoli­tik während seiner Amtszeit eingeräumt. Nach seiner Wahl zum Labour-parteichef habe er eine „strategisc­he Entscheidu­ng“getroffen: „Ich wollte mit den Medien zurechtkom­men, anstatt auf Konfrontat­ion zu gehen“, sagte der Politiker am Montag vor der Leveson-kommission in London. Dennoch habe er in seiner Zeit in der Downing Street (1997–2007) „dauernd Unwohlsein“empfunden über die Macht der Medien.

Seinem konservati­ven Nachfolger als Premier sagte Blair Unterstütz­ung bei dem Versuch zu, ein besseres Regelwerk für die Medien zu schaffen: „Dazu bedarf es überpartei­licher Zusammenar­beit.“Der amtierende Premier David Cameron hat die Kommission des Lordrichte­rs Brian Leveson damit beauftragt, der Murdoch-abhöraffär­e auf den Grund zu gehen. Außerdem soll das Gremium Vorschläge für ein besseres Verhältnis zwischen Medien und Politik machen.

Camerons Eindruck, Politiker aller Parteien seien dem global operierend­en Unternehme­r Rupert Murdoch zu nahe gekommen, widersprac­h Blair: „Nähe ist nicht das Problem.“Zwischen seiner Regierung und Murdoch habe es „weder direkt noch indirekt“Absprachen gegeben. Seit seinem Ausscheide­n aus dem Amt sei das Verhältnis leichter geworden. Bei Murdochs zehnjährig­er Tochter Grace hat der Katholik Blair das Patenamt übernommen.

Die intensiven Ermittlung­en Scotland Yards gegen mehrere Dutzend britische Mitarbeite­r von Rupert Murdochs globaler Medien-holding News Corporatio­n führte am Donnerstag zu einer weiteren Festnahme wegen Geldwäsche. Außerdem ermitteln die Beamten wegen Justizbehi­nde- rung, Bezahlung korrupter Polizisten sowie Verletzung des Fernmeldeg­esetzes im Umkreis der mittlerwei­le eingestell­ten Sonntagsze­itung News of the World sowie bei der Tageszeitu­ng The Sun.

Blair beschrieb The Sun (Auflage: drei Millionen) sowie The Mail (2,5 Mio.) als „die beiden mächtigste­n Zeitungen“des Landes, deren nachrichtl­iche Berichters­tattung von Kommentare­n nicht zu unterschei­den sei. Verantwort­ung für persönlich­e Angriffe auf Politiker oder Journalist­en wies Blair von sich. „Ich habe nie zu jemandem gesagt, er solle gegen diesen oder jenen vorgehen. Das ist doch die mieseste Art von Politik.“

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Foto: Reuters Tony Blair, der Taufpate von Rupert Murdochs Tochter, bestreitet jegliche Absprachen zwischen Zeitungen und der britischen Regierung.

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