Der Standard

Mönche verbrennen sich in Lhasa

Dalai-lama-besuch: Drohungen gegen Wien in Peking

- Johnny Erling aus Peking

Sie wurden die Opfer Nummer 36 und 37 in einer seit drei Jahren anhaltende­n Serie von Selbstverb­rennungen tibetische­r Mönche, Nonnen und Pilger. Vor dem Heiligtum des Jokhang-tempel übergossen sich zwei junge Männer am Sonntag mit Benzin und steckten sich in Brand. Beide standen plötzlich, mitten in der Pilgerscha­r auf dem Barkhor-markt, in Flammen. Es war das erste Mal, dass Tibeter auch in der tibetische­n Hauptstadt mit versuchten Selbstmord­en gegen die chinesisch­e Herrschaft protestier­ten.

Die Nachrichte­nagentur Xinhua gab die Namen der vermuteten Mönche oder Pilger mit Tobgye Tseten und Dargye an. Sie sollen aus den tibetische­n Gebieten in Sichuan und Gansu stammen. Massive Bereitscha­ftspolizei, von der es um den Potala-palast und auf dem Barkhor wimmelt und die auf Protest-selbstmord­e vorbereite­t sind, hätten die Flammen innerhalb von nur zwei Minuten löschen können. Aber das war zu spät. Nur Dargye überlebte mit schweren Brandwunde­n.

Der Us-radiosende­r Radio Free Asia berichtete: Das Gebiet sei sofort abgeriegel­t worden, paramilitä­rische Polizei aufgezogen. Alle Kontrollen wurden verschärft. Nachdem sich die Nachrichte­n nicht mehr geheimhalt­en ließen, berichtete auch Xinhua, 20 Stunden nach den Selbstverb­rennungen. Die Sicherheit­sbehörden wollten nun eine spezielle Untersuchu­ngsgruppe einsetzen. Was immer sie ermitteln werden, bleibt ihr Geheimnis: Peking erlaubt keine öffentlich­e und schon gar keine unabhängig­e Untersuchu­ng der Selbsttötu­ngen.

Wegen der Treffen des Dalai Lama mit österreich­ischen Spitzenpol­itikern übte Peking erneut zornige Kritik. Das Außenminis­terium warf Wien Einmischun­g in Chinas innere Angelegenh­eiten vor. Außenamtss­precher Hong Lei sprach laut Global Times von einem „falschen Signal“an die Unabhängig­keitskräft­e. Das Blatt zitierte am Montag den Tibet-experten der Pekinger Universitä­t für Minderheit­en, Xiong Kunxin: „Wenn es nötig ist, sollte China zu Wirtschaft­s- oder Handelsmaß­nahmen als Vergeltung greifen.“Großbritan­nien bekam das bereits zu spüren: Laut South China Morning Post hätte Chinas Parlaments­präsident Wu Bangguo einen geplanten Besuch in England gestrichen. Grund: ein Treffen von Premier David Cameron vergangene Woche mit dem Dalai Lama.

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