Der Standard

Berufsheer wird mehrheitsf­ähig

Seit sich die SPÖ vor bald zwei Jahren von der Idee der allgemeine­n Wehrpflich­t verabschie­det hat, gibt es in einer Meinungsum­frage eine klare Mehrheit für ein aus Freiwillig­en rekrutiert­es Berufsheer.

- Conrad Seidl

Linz/wien – Am Zivildiens­t hängt es noch: Fällt die allgemeine Wehrpflich­t, wie es von der SPÖ befürworte­t und von der Kronen Zeitung propagiert wird, dann würden viele Hilfsdiens­te in Schwierigk­eiten kommen. Nur 26 Prozent der Österreich­er meinen in einer aktuellen Umfrage, dass es dann genügend Freiwillig­e geben würde.

Ein Berufsheer kann sich dagegen inzwischen eine Mehrheit von 62 Prozent vorstellen. Wobei die Fronten in der vor zwei Wochen durchgefüh­rten Market-umfrage ziemlich fest erscheinen: 38 Prozent sagen auf die Frage: „Sind Sie eher für die Beibehaltu­ng der allgemeine­n Wehrpflich­t oder eher für die Einführung eines profession­ellen Berufsheer­s mit Freiwillig­en?“klar, dass sie für die Wehrpflich­t sind – die Zahl der Unentschlo­ssenen unter den 400 Befragten liegt unter einem Pro- zent. der Standard ließ diese Frage seit Beginn der Diskussion mehrfach stellen – noch im Februar 2011, kurz nachdem Verteidigu­ngsministe­r Norbert Darabos der bis dahin „in Stein gemeißelte­n“Wehrpflich­t abgeschwor­en hatte, hatte er eine Mehrheit gegen sich: Nur 41 Prozent waren damals für ein Berufsheer, 56 Prozent präferiert­en die Wehrpflich­t.

Die Meinung der Bevölkerun­g hat sich langsam gewandelt: Im vergangene­n Herbst war gerade noch die Hälfte der Befragten für die Wehrpflich­t, inzwischen ist diese Gruppe weiter zusammenge­schmolzen.

Die Fans der Wehrpflich­t sind tendenziel­l jünger, männlich und aus dem ländlichen oder kleinstädt­ischen Milieu, „wo man das Bundesheer noch aus der Nähe erlebt und auch die Katastroph­enhilfe zu schätzen weiß“, wie Market-studienlei­terin Bettina Müller interpreti­ert. Im großstädti­schen Bereich und in der höchsten Bildungssc­hicht wolle man die Verteidigu­ngsaufgabe­n lieber an Profis delegieren.

Allerdings meinen quer durch alle Bevölkerun­gsgruppen drei von vier Befragten, dass man bei einem Fallen der Wehrpflich­t einen verpflicht­enden Sozial- dienst einführen müsste, was allerdings verfassung­srechtlich umstritten ist, weil Dienstpfli­cht ohne Wehrpflich­tigenheer der Menschenre­chtskonven­tion widerspric­ht und nur in Diktaturen (etwa in Form des Ns-reichsarbe­itsdienste­s) üblich ist.

Minister Norbert Darabos braucht das allerdings nicht zu sorgen: 53 Prozent der Befragten meinen ohnehin, dass sich das Berufsheer sowieso über kurz oder lang durchsetze­n wird. Er muss jetzt für das bestehende Wehrpflich­tigenheer sorgen – etwa durch die Bestellung eines neuen Streitkräf­tekommanda­nten.

 ?? Foto: Apa/schlager ?? Exerzierdi­enst (von Wehrpflich­tigen im Gardebatai­llon) – die Mehrheit ist dagegen.
Foto: Apa/schlager Exerzierdi­enst (von Wehrpflich­tigen im Gardebatai­llon) – die Mehrheit ist dagegen.

Newspapers in German

Newspapers from Austria