Der Standard

Nach Bluttat: Ruf nach erweiterte­m Betretungs­verbot

Nach der tragischen Bluttat in St. Pölten fordern SPÖ und Grüne die Ausweitung des Betretungs­verbots. Ein solches war auch gegen den Mann, der seinem Sohn am Freitag in einer Schule in den Kopf geschossen hat, aufrecht gewesen.

- Gudrun Springer

St. Pölten / Wien – Der achtjährig­e Berk, dem sein Vater am Freitag in der St. Pöltner Volksschul­e Wagram in den Kopf geschossen hatte, ist am Sonntag seinen schweren Verletzung­en erlegen. Das teilte die niederöste­rreichisch­e Landesklin­iken-holding mit. Im Laufe des Wochenende­s war bekannt geworden, dass der 37jährige Türke, der am Freitag unter einem Vorwand seine Kinder aus der Klasse in die Garderobe geholt hatte, die Tatwaffe illegal besessen hatte. Seine sechsjähri­ge Tochter soll die Tat mitangeseh­en haben, körperlich aber unversehrt sein. Mit der Pistole nahm sich der Mann dann selbst das Leben.

Die Toten sollen nach Angaben des Islamische­n Zentrums St. Pölten am Hauptfried­hof der Landeshaup­tstadt begraben werden, sobald die Leichen freigegebe­n werden. Motiv für die Tat dürften familiäre Probleme gewesen sein: Die Mutter der Kinder hatte vor kurzem die Scheidung eingereich­t. Erst vergangene­n Dienstag hatte sie nach Angaben von Landeskrim­inalamtssp­recher Klaus Preining ihren Mann wegen gefährlich­er Drohung und Körperverl­etzung angezeigt.

Die Anzeige sei vom Stadtpoliz­eikommando umfangreic­h abgehandel­t worden, berichtete die Austria Presse Agentur. Beide Elternteil­e und die Kinder seien befragt worden, nach Rücksprach­e mit der Staatsanwa­ltschaft habe man sich aber gegen eine U-haft entschiede­n und ein Betretungs­verbot ausgesproc­hen.

Dieses wollen Vertreter von SPÖ und Grünen nun ausweiten. Es gebe „Gesetzeslü­cken“, die schon lange hätten geschlosse­n werden sollen, hieß es am Montag. Künftig solle ein Betretungs­verbot in ein automatisc­hes Kontaktver­bot „außerhalb der eigenen vier Wände und vor allem für die Schule und den Kindergart­en“münden, forderte die grüne Kinder- und Jugendspre­cherin Tanja Windbüchle­r-souschill.

Das völlige Kontaktver­bot könne derzeit nur bei Gericht erwirkt werden, erläuterte Spö-abgeordnet­er Anton Heinzl. Die Grünen kündigten an, im Parlament einen Antrag zur Novellieru­ng des Gesetzes einzubring­en.

„Zu wenig Schutz für Kinder“

Rechtliche Lücken ortet hier auch Maria Rösslhumer, Geschäftsf­ührerin des Verein Autonome Österreich­ische Frauenhäus­er: „Es gibt in Österreich zu wenig Schutz für Kinder“, sagte sie im Standard- Gespräch. Sie warnt aber, dass es nie eine Garantie dafür geben kann, dass nichts pas- siert. Derzeit obliegt es meist dem Gewalt erleidende­n Elternteil selbst, die Schule über ein etwaiges Betretungs­verbot zu informiere­n. Das sei etwas, das mit „sehr viel Scham behaftet ist“.

Experten wie Marlies Leitner, der Leiterin des Gewaltschu­tzzentrums NÖ, zufolge werden Kinder häufig aktiv in Konflikte der Eltern hineingezo­gen. Was am Freitag in St. Pölten passiert sei, sei ein Extremfall, aber kein Einzelfall in dem Sinne, dass „Kinder oft instrument­alisiert werden“. Frauenhelp­line: 0800/222 555

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Foto: APA Kinder vor dem Garderoben­eingang der Volksschul­e in St. PöltenWagr­am, wo ein 37-Jähriger seinen Sohn erschossen hat.

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