Langes Warten auf den Zugriff
Ermittler hatten längst Passwörter zu Neonazi- Seite
Wien – Aussagen der Abteilungsleiterin für Extremismus im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung im Alpen-donau.info-prozess gegen Gottfried Küssel, Felix B. und Wilhelm A. werfen interessante Fragen auf. Denn der Verfassungsschutz hatte schon seit Jänner 2010 die Passwörter für die neonazistische Homepage Alpen-donau.info bekommen – offline ging sie allerdings erst 14 Monate später, eine Zeit, in der weiter gehetzt und gedroht wurde.
Es ist ein heikler Zwiespalt: Einerseits brauchen die Ermittler die Möglichkeit, mit diesen Zugriffsrechten versuchen zu können, ob sie die Betreiber und Hintermänner der Seite identifizieren können.
Manfred Herrnhofer, Vizepräsident der Richtervereinigung, versteht daher durchaus, dass aus kriminaltaktischen Gründen abgewartet wird. Das komme durchaus auch bei Ermittlungen im Drogenmilieu vor. Andererseits könne es aber problematisch werden, wenn die Exekutive monatelang dabei zusieht, wie Straftaten begangen werden.
Tatsächlich ist im Sicherheitspolizeigesetz sogar eindeutig geregelt, dass ein Einschreiten aufgeschoben werden kann, solange keine Gefahr für Leib und Leben besteht. Allerdings müssen die Opfer anschließend davon informiert und möglicherweise für entstandenen Schaden entschädigt werden – was beim psychischen Druck nach einer gefährlichen Drohung der Fall sein könnte.
Hinter vorgehaltener Hand bestätigt man in Innenministeriumskreisen den zeitlichen Ablauf bei den Ermittlungen. Das sei aber an den technischen Schwierigkeiten gelegen, die Verschlüsselungstechnologien, deren sich die Hintermänner der Webseite bedienten, zu knacken.
Außerdem sei ab der Gründung der Sonderkommission im März 2010 ohnehin die Staatsanwaltschaft Wien für die Angelegenheit zuständig gewesen. Und die habe keine Einwände gegen das Vorgehen gehabt. Verschwunden ist die Seite aber nicht, da Ermittler sie direkt lahmgelegt haben, sondern da die Firma in den USA, auf deren Server die Seite lag, auf Druck und aus Angst um ihr Image die Geschäftsbeziehung beendet hat.