Mahnmale der Misswirtschaft: Don Quijote lässt grüßen
Spaniens Staatskassen sind leer. Dafür existieren in Iberien Airports ohne Flugbetrieb, Mautautobahnen ohne Autos, Hochgeschwindigkeitszüge ohne Fahrgäste und gigantische Kulturzentren ohne Besucher.
In Spanien summiert sich eine Vielzahl an Problemen: Staatsschulden, mangelnde Wettbewerbsfähigkeit, Misswirtschaft, ein Klientelismus zwischen Politik und Bauwirtschaft. Letzteres ebnete der Immobilienblase den Boden, deren Platzen eine exorbitante Privatverschuldung bewirkte, die nun in die Verstaatlichung von Banken mündet.
Mehr als eine Dekade war es in Spanien Usus, staatliche Gelder, EU-FÖRderungen oder private Investitionen, gekoppelt an von Banken freigiebig gewährte Kredite, großzügig für Prestigeprojekte auszugeben. Animiert vom Guggenheim-museum in Bilbao, verlangten viele Städte einen ähnlichen Touristenmagnet. Oder gleich eine Wissens- und Kulturstadt, wie sie in Valencia nach den Plänen von Stararchitekt Santiago Calatrava für 1,1 Milliarden Euro errichtet wurde. Diese sei ein „Symbol der Prasserei, das Valencia an den Rand der Pleite führte“, wetterte erst unlängst der spanische Eu-abgeordnete Ignacio Blanco von der Linkspartei.
Spanien verfügt auch über vier neue Flughäfen ohne jeglichen Flugbetrieb. Der mit privaten Mitteln für 1,1 Milliarden Euro errichtete Don Quijote Airport von Ciudad Real in Kastilien-la Mancha mit der längsten Landebahn in Europa sollte mit bis zu zwei Millionen Passagieren jährlich Madrids Barajas Konkurrenz machen. Airberlin und eine Handvoll Billigfluglinien wollten ihn nutzen – doch wer fliegt schon gerne unrentabel. Stark bei dem Projekt eingebunden war die Caja Castilla La Mancha, die erste Bank, die Anfang 2009 verstaatlicht werden musste. Mitte April dieses Jahres startete die letzte Maschine. Den Flughäfen Huesac (Pyrenäen) und Badajoz (Extremadura) erging es ähnlich. Jener in Castellón unweit von Valencia wurde zwar zu Wahlkampfzeiten pünktlich eröffnet – doch seine Landebahn ist zu kurz und zu schmal geraten.
Synchron wollte die Staatsbahn Renfe mit großen Baufirmen sukzessive mit der Expo Sevilla 1991 eines der ambitioniertesten Hochgeschwindigkeitsnetze der Welt über die Iberische Halbinsel vorantreiben. Doch angesichts stark gedrosselter Infrastrukturausgaben ist das Netz lückenhaft. Viele der AVE-ZÜGE (Alta Velocidad Española) rasen spärlich ausgelastet mit bis zu 350 km/h vorbei an verwaisten, nie bewohnten Geisterstädten – die stummen Zeugen der Immobilienblase.
Dorthin führen parallel zu den kostenlosen staatlichen mautpflichtige private Autobahnen, von denen die erste vor dem Konkurs steht. In ihrem Überlebenskampf drängen die Privatbetreiber auf generelle Autobahngebühren. Ein Markt, der bis zu zehn Milliarden Euro jährlich einbringen soll.
Wesentliche Teile des Modernisierungsschubs in Spanien sind auf Sand errichtet worden. Die EU hat, geblendet vom Wunderwachstum, lange nicht genau hingesehen. Wenn nun Wachstumsimpulse gesetzt werden sollen, muss erst aus den vergangenen Fehlern gelernt worden sein.