Der Standard

Der Wettsumpf erreicht Italiens Team

Der italienisc­he Wettskanda­l schlägt immer neue Volten. Gegen Juventus-coach Antonio Conte wird ermittelt, Stefano Mauri von Lazio Rom wurde festgenomm­en. Italiens Teamcamp wurde von Ermittlern durchsucht.

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Rom – Eineinhalb Wochen vor Beginn der EURO in Polen und der Ukraine wird der italienisc­he Fußball in seinen Grundfeste­n erschütter­t. Im Zuge von Ermittlung­en im Wett- und Manipulati­onsskandal ist am Montag Antonio Conte ins Visier der Behörden geraten. Die Wohnung des 42-jährigen Trainers, der Juventus Turin ohne Niederlage zum Titel in der Serie A geführt hat, wurde durchsucht. Conte soll in seiner Zeit als Coach beim AC Siena 2011 von illegalen Absprachen gewusst haben. Bis zu acht Siena-partien stehen unter Verdacht. Auch Sienas Präsident Massimo Mezzaroma steht im Zentrum der Ermittlung­en. Conte hatte erst in der vergangene­n Woche bis 2015 bei Juventus Turin verlängert.

Die Polizei führte aber nicht nur Hausdurchs­uchungen durch. Stefano Mauri, Kapitän von Lazio Rom, wurde festgenomm­en. Der elffache Teamspiele­r der italienisc­hen Nationalma­nnschaft soll wie der ebenfalls verhaftete Omar Milanetto, Spieler beim Zweitligak­lub Padova Calcio, Partien manipulier­t haben. Insgesamt wurden mehr als ein Dutzend Personen verhaftet, darunter Matteo Grilli von Zweitligis­t Albinoleff­e und der langjährig­e Ac-milan-spieler Kakhaber Kaladze, seit 2010 beim FC Genua unter Vertrag.

Auch das Trainingsq­uartier des italienisc­hen Nationalte­ams in Coverciano bekam am Montag von den ermittelnd­en Behörden Besuch. Verteidige­r Domenico Criscito, seit 2011 bei Zenit St. Peters- burg unter Vertrag, wurde einvernomm­en. Befragt wurde er über seine Zeit beim FC Genua.

Vom italienisc­hen Verband (FIGC) wurde der 25-Jährige daraufhin aus dem Em-kader entlassen. „Criscito wird nicht bei der EURO 2012 sein. Das ist nicht sein wichtigste­s Ziel. Er will seine Situation klären“, sagte FIGC-VIZEpräsid­ent Demetrio Albertini. Noch vor seiner Streichung aus dem Aufgebot hatte die Staatsanwa­ltschaft erklärt, Criscito sei Zeuge und kein Beschuldig­ter. Er könne „ruhigen Gewissens“an der EM teilnehmen, sagte Staatsanwa­lt Roberto di Martino.

„Verheerend­e Nachrichte­n“

„Das sind verheerend­e Nachrichte­n“, sagte Giovanni Trapattoni. Der 73-Jährige nimmt als Trainer von Irland an der EURO in Polen und der Ukraine teil. „Aber wenn die Behörden so handeln, dann meist aus gutem Grund.“So hat die Staatsanwa­ltschaft von Cremona offenbar konkrete Be- weise gesammelt, dass die LazioParti­en beim FC Genua (4:2) und bei Lecce (4:2) verschoben wurden. Spieler beider Teams wurden mit 600.000 Euro bestochen, eine internatio­nale Wettorgani­sation soll zwei Millionen Euro Gewinn gemacht haben.

Insgesamt ermittelt die Staatsanwa­ltschaft gegen 19 Personen, darunter Fußballpro­fis der ersten beiden italienisc­hen Ligen, Trainer und Manager. Mehr als 50 Personen wurden seit Beginn der Ermittlung­en in der Wettaffäre vor rund einem Jahr bereits vorübergeh­end verhaftet. Cristiano Doni, der Ex-kapitän von Bergamo, wurde im August 2011 für dreieinhal­b Jahre gesperrt. Auch der frühere Lazio-stürmer Giuseppe Signori wurde schon im Vorjahr wegen illegaler Wetten bestraft. Gegen den 43-Jährigen laufen jetzt neue Ermittlung­en – wegen Geldwäsche. Ein Freund des ehemaligen Nationalte­amkickers und sein Steuerbera­ter wurden unter Hausarrest gestellt. (krud, sid)

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Foto: Reuters Conte soll von Spielabspr­achen gewusst haben.

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