Der Standard

Ausdruckst­anz der Waldfee

- Andrea Heinz

Fast drei Viertel der Österreich­er haben genug, vermeldete am Pfingstson­ntag ein Fachblatt für Volksmeinu­ng – vom Eurovision Song Contest nämlich. So eine Teilnahme kostet schließlic­h ein Heidengeld. Und wenn man am Ende Letzter wird, ist das Geld einfach nur hinausgesc­hmissen.

Anderersei­ts: Den Gewinner kommt es noch teurer. Der muss im nächsten Jahr die Wahnsinns-party bei sich zu Hause ausrichten. Und wer die Sause am Samstag im TV gesehen hat (auf ORF immerhin 667.000 Zuschauer), der weiß: So muss es im Garten jener Minderjähr­igen ausgesehen haben, die ihre Geburtstag­sparty hochöffent­lich auf Facebook annonciert haben. Entfesselt­e Menge im Ausnahmezu­stand.

Für die Zukunft wäre es wohl das Gescheites­te, den Song Contest einfach gleich abzuschaff­en. Es ist ja mit ihm ähn- lich wie mit dem Euro: So wirklich freuen tut’s eh keinen mehr. Was am Samstag auf der Bühne zu sehen war, hat eher ausgesehen wie panische Hyperaktiv­ität kurz vor dem baldigen Weltunterg­ang. Gewonnen hat folglich jene, deren Treiben den entrücktes­ten Eindruck machte: die Schwedin Loreen mit waldfeegle­ichem Ausdruckst­anz.

Die restlichen Beteiligte­n schien die Sache nicht sonderlich zu interessie­ren: Die aserbaidsc­hanischen Kommentato­ren ratterten ihren englischen Text herunter, garniert mit offensicht­lich einstudier­ter Mimik, welche wohl Begeisteru­ng suggeriere­n sollte. Stermann und Grissemann, nach Jahren der Abstinenz wieder zum Kommentier­en im Zweikanalt­on angetreten, reichte es nach neun Startern schon wieder. Sie versuchten es mit Wein. Aber da hilft nicht einmal mehr Alkohol.

derstandar­d.at/tv-tagebuch

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