Der Standard

Grüne Kritik an grüner „Ignoranz“

Parteienfi­nanzierung: Jungfunkti­onär fordert mehr Transparen­z in der eigenen Fraktion

- Tobias Schweiger

Die Grünen arbeiten als einzige Partei, die nicht im Korruption­ssumpf verstrickt ist, seit Jahren für eine transparen­te Parteikass­e, als Schritt weg von der Korruption. Sie ignorieren dabei aber ganz gekonnt ein anderes Problem der Parteienfi­nanzierung: die Vermischun­g von Partei-, Fraktionsu­nd Bildungsar­beit und der dafür gedachten Gelder.

Generell gilt: Die Parteienfi­nanzierung ist in ihrer jetzigen Form abzuschaff­en, sie dient nur der Überbürokr­atisierung und verfestigt die Krise der österreich­ischen Parteien. Zentrale Punkte einer Neuregelun­g wären:

1) Eine neue Parteienfö­rderung muss zur Demokratis­ierung der Parteien beitragen und auch drastisch geringer dotiert sein. Zudem wäre dafür eine bundeseinh­eitliche Gesetzgebu­ng sinnvoll, da das Übergewich­t der VP Niederöste­rreich oder der SPÖ in Wien inklusive ihrer Häuptlinge, durch horrende Parteienfi­nanzierung nochmals verstärkt wird.

2) Die staatliche Parteienfi­nanzierung sollte zumindest an einen Prozentsat­z gekoppelt werden, den die Parteien durch Mitgliedsb­eiträge aufbringen müssen. Parteien, in denen Mitgliedsb­eiträge keine Rolle spielen, können ihre Apparate noch leichter von den Mitglieder­n entkoppeln und brauchen diese nicht wirklich ernst zu nehmen.

3) Die Parlaments­arbeit ist in Österreich zu wenig getrennt von der Parteiarbe­it, so können Mittel des Klubs recht einfach für Parteizwec­ke eingesetzt werden, sei es mittels Geld für Öffentlich­keitsarbei­t oder Mitarbeite­r/-innen, die Arbeiten für die Partei in „Kooperatio­nsprojekte­n“übernehmen. Diese in Österreich gängige Praxis ist in Deutschlan­d unvorstell­bar und wäre illegal. Die Klubförder­ung sollte nur für parlamenta­rische Arbeit vewendet werden und damit das freie Mandat stärken.

4) Die politische­n Akademien sollten eigentlich unabhängig­e Orte der politische­n Bildung sein, die Möglichkei­ten für „Kooperatio­nen“mit der Mutterpart­ei sind aber auch hier (viel zu) weitreiche­nd.

5) Die „Säule“der Parteienfi­nanzierung, bei der Abgeordnet­e vom Bezirksrat bis zum Nationalra­t massive Beiträge an die Parteien bezahlen, sollte verboten, das Gehaltsniv­eau für Politiker entspreche­nd gesenkt werden. Dass die Mandatarsb­eiträge von der Steuer abgesetzt werden können, ist nur ein Detail am Rande, das zeigt, wie unverfrore­n Österreich­s politische Klasse agiert.

6) Eine vernünftig­e Parteienfi­nanzierung sollte jene unterstütz­en, die Politik in ihrer ganzen Bandbreite machen, wie Bildungsar­beit, fundierte Arbeit in den Parlamente­n und für partizipat­ive Parteistru­kturen.

7) Die Parteienfi­nanzierung sollte österreich­weit geregelt werden, sodass die Länderpart­eien nicht auch noch in diesem Bereich die Bundespart­eien in finanziell­er Geiselhaft halten können.

Eine solche wirkliche Reform mit dem Ziel der Erneuerung und Demokratis­ierung der Parteien würde der SPÖ und ÖVP langfristi­g nicht schaden, da ihre Basis noch immer breit ist. Probleme würde ein sinnvolles Parteienfi­nanzierung­sgesetz allenfalls der FPÖ bescheren, die den Großteil ihrer Gelder ins Politmarke­ting steckt. Die Grünen müssten sich ihrerseits von der Vorstellun­g, verabschie­den, dass Basisdemok­ratie ohne breite – und zahlende! – Mitglieder­basis auskommt und sich öffnen. TOBIAS SCHWEIGER ist Bundesspre­cher der Jungen Grünen.

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Foto: privat Tobias Schweiger: Partei zu dominant.

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