IWF mitten im Wahlkampf
Christine Lagarde ist ein Profi. Die Chefin des Internationalen Währungsfonds war jahrelang Ministerin in Frankreich. Sie weiß, wie Politik funktioniert und wie Wahlkämpfe funktionieren. Man darf also annehmen, dass sie ihre Griechenland-äußerungen (zahlt Steuern, Afrika braucht mehr Hilfe als Athen) nicht ganz zufällig drei Wochen vor dem Urnengang in Hellas getätigt hat. Es ist der letzte verzweifelte Versuch der Geldgeber, Einfluss auf das Wahlergebnis zu nehmen.
In dieses Bild passt auch, dass beim Eu-gipfel vergangene Woche zufällig eine Aufforderung an die Eurostaaten durchsickerte, wonach diese Notfallpläne für den möglichen Euroaustritt Griechenlands erarbeiten sollen. Von jedem verantwortungsbewussten Politiker und Zentralbanker kann man erwarten, dass längst solche Pläne in den Schubladen liegen. Bisher war es aber Usus, nicht in der Öffentlichkeit darüber zu sprechen, um keine Unruhe aufkommen zu lassen.
Mittlerweile ist das aber offenbar die kleinere Sorge. Es vergeht kein Tag ohne eindringliche Warnungen in Richtung Athen. Man lasse sich nicht erpressen, deponierte auch Bundeskanzler Werner Faymann. Den Politikern geht es darum, den Griechen vor Augen zu führen, welche Konsequenzen drohen, wenn Parteien gewählt werden, die sich nicht an die Sparvereinbarungen gebunden fühlen.
Die Position der Geldgeber ist aber nicht die beste. Man wird/muss beinahe alles unternehmen, um das Friedensprojekt EU zu retten. Die Kosten eines bedingungslosen Haltens Griechenlands in der Eurozone sind leichter abschätzbar als jene, die nach einem chaotischen Exit anfallen würden. Darauf setzt auch das radikale Linksbündnis Syriza unter Parteichef Alexis Tsipras. Die Geldgeber können also nur hoffen, dass die griechischen Wähler ihren Bluff nicht durchschauen.