Die simulierte Leber
Neue Methode zeigt, wie der Körper Medikamente abbaut
Medikamente, die im Körper ihre Funktion erfüllt haben, müssen auch wieder abgebaut und ausgeschieden werden. Die Wirkstoffe müssen auf den menschlichen Stoffwechsel abgestimmt werden. Für die Pharmafirmen bedeutet das in der Regel lange Versuchsreihen, in denen die Wirkstoffe etwa an einem Gewebebrei der Leber, wo ein Großteil des Abbaus stattfindet, getestet werden. Die Forscher können damit zwar untersuchen, wie die Stoffe in der Leber verändert werden, aber nicht, welches der Enzyme in der Leber für welchen Stoffwechselvorgang genau verantwortlich ist.
Wissenschafter vom Austrian Centre of Industrial Biotechnology (Acib) haben nun eine Möglichkeit gefunden, die einzelnen Enzyme aus dem Abbauprozess zu isolieren und ihre Funktionen in der Versuchsanordnung nachzustellen. Man habe dann pro Reagenzglas ein Enzym, an dem beobachtet werden kann, was der Körper mit einem neuen Medikament macht, sagt die Chemikerin und für das Projekt verantwortliche Forscherin Margit Winkler.
Der menschliche Körper verfügt über ein ganzes Arsenal an Enzymen, die Stoffe etwa wasserlöslich machen, sie oxidieren oder mit Zucker verbinden und zu Zwischenprodukten im Stoffwechselvorgang, zu sogenannten Metaboliten, verarbeiten. Durch die Enzyme können die erforderlichen Stoffwechselprodukte erstmals in größeren Mengen hergestellt werden. Die Vorgänge in der Leber können durch die neue Methode im Detail simuliert werden, erklärt Winkler. Bisher mussten die Entwickler von Medikamenten alle Abbauprodukte, die im Körper aus dem Medikament entstehen, vorhersagen, chemisch herstellen und einzeln auf ihre Wirksamkeit überprüfen.
Die Pharmaindustrie kann mit der Methode, die gemeinsam mit den Industriepartnern Novartis und Hoffmann-la Roche entwickelt wurde, Wirkstoffkandidaten bereits in einem frühen Stadium der Entwicklung testen und somit schneller zur Marktreife führen. Der Abbau eines Wirkstoffs des Antidepressivums Moclobemid wurde bereits durch die Leber im Reagenzglas simuliert. Das Acib ist eines von fünf K2-spitzenforschungsinstituten des Kompetenzzentrenprogramms Comet von Wirtschafts- und Verkehrsministerium. (pum) www.acib.at