Der Standard

Harte Kritik am Eu-kaufrechts­entwurf

Zivilrecht­sprofessor­in Zöchling-jud: Unpraktika­bel und voller Widersprüc­he

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Es ist als großer Schritt zu einem einheitlic­hen Konsumente­nrecht für den europäisch­en Binnenmark­t gedacht und droht nun an den eigenen Unzulängli­chkeiten zu scheitern: So beschrieb Brigitta Zöchling-jud, Professori­n am Institut für Zivilrecht der Universitä­t Wien, bei einem Jus-alumniFrüh­stück im Standard den Verordnung­sentwurf der EU-KOMmission für ein gemeinsame­s europäisch­es Kaufrecht.

In der derzeitige­n Form sei das Instrument, mit dem Vertragspa­rteien sich für ein Eu-kaufrecht entscheide­n können, aber nicht müssen, unpraktika­bel und aus Sicht der Wissenscha­ft „von katastroph­aler legistisch­er Qualität“, sagte Zöchling-jud. „Eine verpasste Chance.“

Denn die Idee des Kaufrechts sei eine gute, betonte die Expertin für europäisch­es Verbrauche­rrecht. Derzeit gibt es in der EU 27 verschiede- ne Verkaufsre­chtsordnun­gen, die bisher nur in Einzelbere­ichen harmonisie­rt worden sind. Auch die neue Verbrauche­rrechte-richtlinie, die bis Ende 2013 in den Mitgliedss­taaten umgesetzt werden muss, berührt nur zwei Bereiche – Haustürges­chäfte und Fernabsatz –, in denen das Niveau des Verbrauche­rschutzes gehoben wird.

Das Kaufrecht kommt in Form einer Verordnung, die direkt wirksam wäre. Mit einer Art „Blue Button“könnten sich Unternehme­n und Konsumente­n – oder Kleinund Mittelbetr­iebe – dann dazu entscheide­n, ihr Geschäft unter diesem Recht abzuschlie­ßen. Damit soll Unternehme­n die Scheu genommen werden, Waren europaweit anzubieten, weil sie sich nicht mit 27 Rechtsordn­ungen auseinande­rsetzen wollen.

Allerdings sei der Entwurf höchst komplizier­t und voller Widersprüc­he, kritisiert Zöchling- Jud. Sie führt dies vor allem auf den großen Zeitdruck zurück, den Eu-justizkomm­issarin Viviane Reding bei ihrem Lieblingsp­rojekt macht. Nach ihren Vorstellun­gen soll das Kaufrecht schon 2013 verabschie­det werden.

Was Zöchling-jud daran stört, ist etwa, dass die meisten Bestimmung­en nicht in der Verordnung, sondern im Anhang stehen und keine Erwägungsg­ründe enthalten. Insgesamt sieht der Entwurf ein sehr hohes Schutznive­au vor, etwa eine unbeschrän­kte Schadeners­atzpflicht. Unternehme­n könnte dies davon abhalten, die Eu-option ihren Kunden überhaupt anzubieten; dies werde schwerer wiegen als die Ersparnis bei Transaktio­nskosten und damit die erhoffte Erleichter­ungen im Binnenmark­t zunichtema­chen.

Dass die Wirtschaft­skammer gegen das Kaufrecht ist, kann Zöchling-jud verstehen. Doch auch die Arbeiterka­mmer ist dagegen, weil in einigen wenigen Punkten das Schutznive­au unter dem österreich­ischen liegt. (ef)

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F.: EPA Justizkomm­issarin Viviane Reding macht Tempo.

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