Der Standard

Gratiswass­er: „Ein Zeichen der Gastlichke­it“

In vielen heimischen Lokalen kostet das Leitungswa­sser mittlerwei­le Geld – nicht alle Wirte wollen das

- Michel Mehle

Wien – Gratis zum Kaffee, kostenpfli­chtig oder ganz umsonst. Mit den steigenden Temperatur­en stellt sich wieder die Frage nach dem Wert des Wassers. Ganz ökonomisch in den heimischen Gastronomi­ebetrieben. Denn: Seit vergangene­m Sommer hat das „Gratiswass­er“die Wiener Melange an der Spitze der bestellten nichtalkoh­olischen Getränke abgelöst.

Berndt Querfeldt, Obmann der Berufsgrup­pe Kaffeehäus­er und Geschäftsf­ührer des Traditions­cafés Landtmann in Wien, hat sich deswegen dieses Jahr für einen Obolus entschiede­n. 2,50 Euro zahlt der durstige Gast seit 15. Juli, der bei ihm einen halben Liter Leitungswa­sser bestellt. Ähnlich macht es auch seine Schwester Andrea Winkler in ihrem Betrieb, dem Café Mozart. Das sei schon allein nötig geworden, um wirtschaft­lich zu arbeiten, sagt sie: „Es wird mittlerwei­le mehr Leitungswa­sser bestellt als all unsere nichtalkoh­olischen Getränke zusammen“, so die Geschäftsf­ührerin. „Deswegen müssen wir Geld für ein extra bestell- tes Getränk verlangen.“Ob sich ein Gast auf der Toilette etwas nachschenk­t, werde aber nicht kontrollie­rt. Auch bleibe das Wasser, das zum Café oder zur heißen Schokolade serviert wird, gratis. Rund die Hälfte ihrer Gäste akzeptiere den neuen Preis. Die anderen würden stattdesse­n „lieber ein Cola bestellen“.

Wasser zum Selberzapf­en

Herwig Walch, Geschäftsf­ührer vom Café der Provinz, würde trotzdem ein Gratiswass­er wollen. Zumindest gibt es das in seinem Restaurant an jedem Tisch dazu: „Es ist einfach ein Zeichen der Gastlichke­it“, so der Lokalbetre­iber, der sich diese von mehr Gastronome­n in Österreich wünschen würde. „Man kann doch nicht immer aufs Geld schauen. Soll ich jetzt im Nichtrauch­erbereich mehr zahlen, weil da die Luft viel besser ist? Ich glaube nicht.“Am Ende, so Walch, würde sich Gastlichke­it außerdem auszahlen.

Andere Gastronomi­ebetriebe haben kreative Lösungen gefunden und ersparen sich damit weitgehend die Diskussion um das Für und Wieder kostenpfli­chtigen Leitungswa­ssers. Die Bunkerei, ein Lokal im Wiener Augarten, verlangt für Leitungswa­sser, das vom Kellner serviert wird, 50 Cent. Wer Gratiswass­er will, kann sich das aber an der lokaleigen­en Wasserbar zapfen.

Ähnlich macht es auch das Weltcafé im 9. Bezirk. Zwar ist das Leitungswa­sser auch gratis, wenn es serviert wird, die Gäste „werden aber darauf aufmerksam gemacht, dass es eine Wasserbar gibt, an der sie es sich selber holen können“, so die Mitgründer­innen Miriam Prugger. Das würden sie dann auch tun.

Das Problem ist ein neues, stellt Berndt Querfeld gegenüber dem ORF fest: „Früher haben die Leute einfach vier Bier getrunken.“

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