Als es Linz plötzlich dämmerte
Götz George spielt seinen Vater Solange die Stadt Gewinne aus einem Swap mit der Bawag lukrierte, wurde das Geschäft nie in Zweifel gezogen. Selbst Stadtrat Mayr stützte sich laut Anklage auf den gültigen Gemeinderatsbeschluss.
Wien – Der Prozess Bawag gegen Linz, in dem um 450 Millionen Euro Schaden aus einem ZinsWährungstausch gestritten wird, wird kommenden Freitag mit den Einvernahmen von Bankchef Byron Haynes und Bürgermeister Franz Dobusch fortgesetzt. Abgesehen von der Prominenz der Auskunftspersonen hat der Termin noch eine Besonderheit: Mittlerweile liegt die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft gegen Finanzstadtrat Johann Mayr und den früheren Finanzbeamten P. vor.
Linz fühlt sich durch die Anklagebehörde in ihrer Argumentationslinie, die Finanztransaktion sei durch den Gemeinderatsbeschluss nicht gedeckt und daher ungültig, bestätigt. Allerdings hat die Staatsanwaltschaft auch andere Aspekte in ihre Überlegungen einfließen lassen. Als „entscheidend“wird von der Justizbehörde erachtet, dass die Gemeinderatsbeschlüsse zur Absicherung von Fremdwährungskrediten ab Mitte 2006 „bis zur endgültigen Offenbarung des verheerenden Verlustpotenzials des Swap 4175 im Jahr 2010 nicht in Zweifel gezogen und über Jahre hinweg als rechtskonform“betrachtet wurden.
Auch der Stadtrechnungshof nahm Bezug auf die Genehmigung der Terminkontrakte durch den Gemeinderat. Selbst Stadtrat Mayr verwies 2006, als ein anderer Swap abgeschlossen werden sollte, darauf, dass ein derartiges Geschäft dank Gemeinderatsbeschlusses aus 2004 gedeckt sei. Sukkus aus Sicht der Staatsanwaltschaft: Der Swap wurde bis 2010 „anstandslos vollzogen, seine Rechtsgültigkeit in keinster Weise angezweifelt“. Auch in einem anderen Punkt spiele die Anklageschrift, die dem Standard vorliegt, nicht unbedingt Linz in die Hände. Die Bawag versuchte angesichts der Verschlechterung des Marktwertes ab 2008, das De- rivat abzusichern oder neu zu strukturieren. Auch ein Ausstieg wurde Linz angeboten. P. lehnte das ab, weil es sich „nicht rechnen“würde. Im Oktober 2010 lös- te der gestiegene Frankenkurs erstmals Zahlungsverpflichtungen für Linz aus, die sich bis zur Kündigung des Swaps auf 30,64 Mio. Euro summierten. Bei Annahme eines der „Anpassungsangebote“hätte sich die Belastung um bis zu 17,15 Millionen reduziert, heißt es in der Anklage. Einen anderen Bawag-Swap löste P. hingegen 2007 mit Gewinn für die Stadt auf.
Die Staatsanwaltschaft hält nicht nur die Aussagen von P. für glaubhaft, dass er Stadtrat Mayr im Vorfeld vom Abschluss des Swapgeschäfts informiert habe. Überdies wurde für 8. 2. 2007 ein Termin mit Dobusch angesetzt, bei dem der Bürgermeister über das „Optimierungsprodukt in Kenntnis gesetzt“worden sein soll. Zu diesem Datum finde sich auch „tatsächlich“ein Termineintrag im Outlook-Kalender, schreibt die Staatsanwaltschaft. Vier Tage später wurde das Geschäft abgeschlossen.
Weniger gut sieht es für die Bawag aus, wenn es um die Konstruktion des Swaps an sich geht. Während die Bank bei der Bezahlung von Zinsen nur einem Zinsschwankungsrisiko ausgesetzt ist, „unterliegt die Stadt Linz einem unbegrenzten Fremdwährungsrisiko“. Im Verhältnis zur FrankenAnleihe der Stadt „stellt der Swap 4175 keine Absicherung dar“, meint die Behörde. Das Geschäft stuft sie aus Linzer Sicht als „hochspekulativ“ein.
Mayr und P. drohen wegen Untreue und Beitrag bis zu 15 Jahre Haft. Sie bestreiten die Vorwürfe, es gilt die Unschuldsvermutung.