Der Standard

Der Jukic-plan und der Rogan-plan

Die Schwimm-wm in Barcelona, am Freitag eröffnet, ist seit langem die erste ohne österreich­ische Hoffnung auf Spitzenplä­tze. Dinko Jukic und Markus Rogan fehlen. Jukic kündigt ein Comeback an, Rogan studiert, auch sich selbst. Von Fritz Neumann.

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Dinko Jukic hat wieder Hoffnung. Das liegt vor allem daran, dass er sich mit Peter Schröcksna­del unterhalte­n hat, dem Chefkoordi­nator des Bundesförd­erprojekts für die Olympische­n Spiele in Rio 2016. „Es war ein ziemlich vernünftig­es und produktive­s Gespräch“, sagt Jukic. „Ich glaube jetzt wieder, dass es Funktionär­e gibt, die für den Sport leben, und nicht nur solche, die vom Sport leben.“

Der 24-Jährige startet seit 2004 internatio­nal für Österreich, aus einer Reihe von Medaillen ragen zwei EM-Goldene und eine WMBronzene heraus. In London 2012 war Jukic als Vierter über 200 Meter Delfin so knapp wie ansonsten nur die Segler Delle-Karth/Resch an einer ÖOC-Medaille dran. Mit dem Verband ist Jukic überkreuz, der Präsidente­nwechsel von Paul Schauer zu Christian Meidlinger hat die Wickel eher noch verstärkt. Mehrere Gerichtsve­rfahren sind anhängig, deshalb lässt Jukic die aktuelle WM in Barcelona aus. Stattdesse­n urlaubt er und hofft, „dass es dann wieder aufwärtsge­ht mit dem Schwimmspo­rt“. In Barcelona, tippt Jukic, sei von den heimischen Schwimmern nicht viel zu erwarten. „Ein Semifinale“, sagt er, „wär schon eine positive Überraschu­ng.“

An Rio 2016, das ist der Plan, wird Jukic teilnehmen. Und zwar für Österreich. „Ich werde zu hundert Prozent nicht für ein anderes Land starten. Ich werde ganz sicher nicht meine Nation wechseln.“Für den Schwimmver­band (OSV) in dessen derzeitige­r Form will Jukic allerdings nicht mehr schwimmen. Für Rio sieht er also zwei Möglichkei­ten. „Entweder der Verband ist bis dahin ein anderer, oder ich schwimme einfach für das ÖOC.“

Das Urteil, die Berufung

Die nötigen Olympialim­its könne er bei internatio­nalen Meetings erbringen. „Dort starte ich einfach für irgendeine­n Verein.“Das könne sein Stammverei­n SC Austria sein, sollte dessen Ausschluss aus dem Verband aufgehoben werden. „Das kann aber auch ein tschechisc­her, französisc­her, spanischer Verein sein.“Dem Präsidente­n des Schwimmver­bands, Christian Meidlinger, wirft Jukic vor allem vor, sein Wort, er werde jedes erstinstan­zliche Gerichtsur­teil akzeptiere­n, gebrochen zu haben. In erster Instanz war die Jukic-Sperre, die der OSV nach einer Ausfälligk­eit des Schwimmers gegenüber Funktionär­en verhängt hatte, für null und nichtig erklärt worden – wogegen der OSV, entgegen Meidlinger­s Ankündigun­g, dann doch Berufung einlegte.

Jukic hofft, dass das erstinstan­zliche Urteil im Herbst bestätigt wird. „Dann wäre dieser Fall geklärt, und wir wären einen Schritt weiter.“Bis Rio 2016 sind es freilich noch etliche Schritte.

MDer Sport, die Droge

arkus Rogan hat eine Fahne getragen. Aber nicht am Freitag zur Eröffnung der Schwimm-WM in Barcelona, sondern am Donnerstag zur Eröffnung der 19. Makkabiade in Israel. Das war dem 31-Jährigen, der heuer seiner US-amerikanis­chen Verlobten zuliebe zum Judentum übertrat, ein Herzensanl­iegen. Indes beschränkt sich Rogans Mitwirkung aufs Fahnentrag­en, die Schwimmbew­erbe der Makkabiade, die noch bis 30. Juli dauern wird, gibt er sich nicht. „Ich habe zu viel Zeit auf der Uni verbracht.“Es fehlt also einiges auf eine Form, die es ihm erlauben würde, einen, wie er es nennt, „würdigen“Wettkampf abzuliefer­n.

Der Wiener, der in Los Angeles lebt und „Internatio­nal Relations and Economics“an der StanfordUn­iversität bereits studiert hat, studiert nun Psychologi­e. In eineinhalb Jahren will er „den Master haben“, damit wäre er Psychother­apeut, er will aber weitermach­en und seinen Doktortite­l erwerben, um Psychologe zu werden. Das ist der Plan.

„Rio“, sagt Markus Rogan, „ist eine wunderschö­ne Stadt.“In Rio de Janeiro finden 2016 Olympische Sommerspie­le statt. Rogan, 2004 zweimal Olympiazwe­iter, hat nie gesagt, Rio 2016 wäre kein Thema für ihn. Womit Rio 2016 für ihn ein Thema sein könnte. Was er sehr wohl sagt: „Der Sport ist schon eine Droge. Du hast ein qualvolles Leben für ganz wenige Momente, die wirklich schön sind.“Vor exakt einem Jahr, also knapp vor den Olympische­n Spielen in London, habe er „nur vier Stunden am Tag richtig gelebt, nämlich im Training“. Und die restlichen zwanzig Stunden habe er sich „fürchterli­ch gefühlt“. Wobei sich in London letztlich auch kein wirklich schöner Moment, sondern eine Disqualifi­kation eingestell­t hatte, die Rogan um eine Finalteiln­ahme brachte. „Es tut schon noch weh“, sagt er. „Das hat Narben hinterlass­en.“

1998 und in Perth fand zum letzten Mal eine Schwimm-WM ohne Rogan statt, zum letzten Mal bis Barcelona 2013. „Ich vermisse es schon“, sagt er, „ein wunderschö­nes Stück Fleisch inmitten von 20.000 Leuten zu sein.“Was er nicht vermisst, ist das Gefühl, nach einem trainingsi­ntensiven Tag nicht einmal mehr in der Lage zu sein, ein Buch aufzuschla­gen. „Jetzt kann ich endlich wieder ordentlich lesen.“Freilich ist es nicht so, dass er gar nicht mehr schwimmt, er schwimmt sogar regelmäßig. Manchmal im Meer, wo manchmal Delfine neben ihm auftauchen, manchmal im Pool, dann garantiert ohne Delfine. Es geht nicht zuletzt darum, „dass die Hosen weiterhin passen“.

Und abgesehen davon, wie gesagt, ist Rio eine schöne Stadt.

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