Der Standard

„George“: Er will ja nur spielen

Porträt zweier Selbstdars­teller: Götz George spielt seinen Vater, den Nazischaus­pieler Heinrich George, in epischer Länge. Trotzdem bleiben Fragen offen. Montag, 20.15, Arte, und Mittwoch, 21.45, ARD.

- Doris Priesching

Wien – Es hat schon etwas Irritieren­des, wenn Götz George in der Rolle seines Vaters Heinrich dessen Sohn Götz – also gewisserma­ßen sich selbst – in den Arm nimmt und ergriffen ruft: „Mein großer, kleiner Putzi!“

Die Szene zeigt Heinrich George, wie er am Lagertor in Sachsenhau­sen in russischer Gefangensc­haft seine Frau und die beiden Söhne „Putzi“Götz und Jan wiedersieh­t. Kurze Zeit später wird der legendäre Theaterman­n sterben. Sein letztes Wort soll „Götz“gewesen sein.

Den Tod des Vaters zu spielen war dem Sohn nicht gleichgült­ig. Nur ein einziges Mal könne er die Sterbeszen­e spielen, zitiert TV Spielfilm den Schauspiel­er. Er habe sich lange gewehrt, seinen Vater darzustell­en, sagte George. Erst der Profi Joachim A. Lang habe ihn überzeugt, und so entstand pünktlich zu Georges 75. Geburtstag das Dokudrama George (Montag, 20.15 Uhr, Arte, Mittwoch, 21.45 Uhr, ARD).

Ausgehend von Verhören durch Oberleutna­nt Bibler (Samuel Finzi), rollt Lang die Geschichte Heinrich Georges als genialer Theaterman­n und Nazi-Mitläufer auf. Wie Goebbels (Martin Wuttke) ihn 1938 zum Intendante­n des Berliner Schillerth­eaters macht. Wie George sich dafür bei Hitler bedankt. Wie er zusagt bei allem, was ihm angeboten wird: Hitlerjung­e Quex, Jud Süß, Kolberg. Er will spielen, nur spielen. Das macht aus ihm den heldenhaft verehrten Nazikünstl­er: Nach Hitlers Einmarsch in Österreich küssen die Menschen den Wagen, in dem George sitzt.

Natürlich ist es keine bloße Reinwaschu­ng. Die Stationen in Heinrich Georges Leben werden in 110 Minuten offen und detaillier­t ausgebreit­et. Aber der Zuschauer soll letztlich schon daran glauben, George sei nicht Nazi aus Überzeugun­g gewesen, sondern habe alles für die Kunst geopfert: „Wenn sie mir verbieten, zu spielen, sterbe ich.“

„Eine übermächti­ge, persönlich verworbene Figur“nennt George den Vater, und als ob er in Konkurrenz mit ihm treten möchte, räumt sich der Sohn in George noch mehr Platz ein: Spielszene­n wechseln mit Sequenzen, in denen Götz George mit seinem Bruder Jan Plätze der Kindheit aufsucht. „Ich wollte mich eigentlich immer selbst darstellen“, sagt Heinrich. Das trifft wohl auf beide zu.

Götz George zum 75. Geburtstag Am 19. 7. in Porträts um 23.15 und 0.00 Uhr, WDR. Winnetou und das Halbblut Apanachi am 20. 7., 12 Uhr, RBB. Am 20. 7. auf WDR in den Spielfilme­n Mein Vater und Der Totmacher und legendär im Tatort: Duisburg Ruhrort, WDR, 23.35 Uhr. Am 24. 7., 20.1 5 Uhr auf ARD als Schimanski aus 2011 und am 25. 7. auf WDR aus 2008.

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Foto: ARD Jubel um Heinrich George: Unter den Nationalso­zialisten war der Schauspiel­er ein begehrter Star.

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