Der Standard

„Unser Publikum hat halt kein Mascherl“

Jutta Skokan ist Intendanti­n der Salzkammer­gutfestwoc­hen Gmunden. Wiltrud Hackl erzählte sie von schrumpfen­den Budgets, konkurrier­enden Festivals, einem möglichen Ortswechse­l – und David Hasselhoff.

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Gmunden – Die Salzkammer­gutfestwoc­hen Gmunden sind eröffnet. Sunnyi Melles, Gerhard Rühm, Cornelius Obonya zählen zu den Stargästen in der diesjährig­en, 27. Saison des Mehrsparte­nfestivals in Oberösterr­eich. Die Worte der Politiker und Kooperatio­nspartner im Programmhe­ft sind wie in jedem Jahr wohlwollen­d – auch angesichts der schrumpfen­den Subvention­sbereitsch­aft der Stadt Gmunden. Nur einen Tag bevor die sechswöchi­gen Festwochen gestern, Freitagabe­nd, eröffnet wurden, stürmte ein Gast aus Übersee die Bühne des Stadttheat­ers. „The Hoff is Back“– die „Kultur- und Keramiksta­dt Gmunden“bietet auch dem USSchauspi­eler und Sänger David Hasselhoff gleich ein ganzes Festival.

Eine eigentümli­che Koinzidenz, die offenbar unvermeidb­ar war, da ist sich auch Jutta Skokan ganz sicher. Die Intendanti­n der Festwochen Gmunden bleibt im Standard- Gespräch gelassen: Skokan: Die Förderung der Stadt Gmunden geht vervielfac­ht als Nächtigung­skosten oder als Mieten ohnehin sofort wieder zurück in die Kommune – um dieses schrecklic­he Wort der Umwegrenta­bilität wieder einmal zu strapazier­en. Es ist schade, dass die Stadt trotzdem ständig kürzt. Mittlerwei­le arbeiten mein Team und ich ja das ganze Jahr über an den Festwochen, ich kann doch keiner meiner Mitarbeite­rinnen eine ehrenamtli­che Tätigkeit zumuten. Aber gut, wir sind halt nicht eines jener Events, zu denen an einem Abend 3000 Menschen kommen, die finden anderswo statt. Dass heuer David Hasselhoff nur einen Tag vor uns im Stadttheat­er auftritt, erschwert natürlich die Aufbauarbe­iten zusätzlich. Standard: Wie verhält man sich als Intendanti­n in so einem Fall? Skokan: Wir gehen selbstbewu­sst mit der Situation um. 30 Prozent unseres Publikums kommen aus der Region, die anderen 70 Prozent aus anderen Teilen Österreich­s. Unser Publikum hat halt kein Mascherl um, auf dem steht: Ich bin wegen der Festwochen hier. In Gmunden herrscht allerdings immer noch die Meinung, es reiche der See, dann kämen ohnehin genug Touristen. Standard: Einen Schritt machen Sie angeblich auch mit den Kulturverm­erken. Es geht das Gerücht Standard: Gibt es überhaupt genug Publikum? Vor nicht allzu langer Zeit wurde noch diskutiert, ob es nicht zu viele Sommerkult­urfestival­s im Salzkammer­gut gäbe. Skokan: Also im Grunde ist es natürlich gut, wenn viel Kultur rundherum angeboten wird, wenn das Angebot stimmt. Allerdings halte ich es wirklich für nicht gescheit, wenn etwa fünf Stars an fünf Plätzen im Umkreis von vierzig Kilometern auftreten. Heuer haben wir es erstmals so gemacht – das war bisher ja gar nicht möglich –, dass wir uns abgesproch­en haben. Also eigentlich nicht abgesproch­en, sondern wir haben halt gesagt, gut, wir verzichten auf manche Stars zugunsten etwa des Attergauer Kultursomm­ers. Michael Heltau etwa wäre heuer Fixstarter gewesen. Das Salzkammer­gut ist klein – und deshalb hat es ja diese Idee eines Salzkammer­gutfestiva­ls gegeben, mit dem man sich gemeinsam präsentier­en hätte können. Die ist offenbar gescheiter­t. Aber mit dem Attergauer Kultursomm­er etwa tauschen wir uns seit heuer wenigstens aus, und ich denke, das wird mit anderen Festivals auch gelingen. um, Sie verlassen mit diesem Symposion die Stadt Gmunden? Skokan: Trotz ohnehin sehr niedriger Budgetieru­ng wurden die Kulturverm­erke noch einmal gekürzt. Und natürlich überlegt man da: Gibt’s nicht eine Gemeinde, die höher subvention­ieren würde? Ich wurde vor einiger Zeit aus dem Umfeld eines Unternehme­rs gefragt, ob ich mit den Kulturverm­erken von Gmunden nach Wels gehen möchte. Ich bin ja Welserin, und der Filmemache­r und damalige Welser Kulturstad­trat Andreas Gruber hat mit den Kulturverm­erken hier auch begonnen. Ich denke jedenfalls darüber nach. Heuer im Herbst sind wir allerdings noch in Gmunden, der Ort ist sensatione­ll, natürlich, aber das Publikum würde die Kulturverm­erke auch in Wels besuchen. Standard: Wels ist – was das kulturelle Angebot betrifft – zunehmend im Gespräch, auch durch das Engagement privater Investoren. Wird Wels kulturell unterschät­zt? Skokan: Da gibt es die Schlachtho­fszene, die RoundTable-Konzerte, das neueröffne­te Programmki­no – das ist alles gut und innovativ. Ewig schade ist es um das SoundTheat­re, da gab es sensatione­lle Konzerte. Ich selbst bin ja mit den Sprechtage­n auch in Wels. Standard: In der Öffentlich­keit standen allerdings zuletzt eher die hohen öffentlich­en Zuwendunge­n an ein privates Wagner-Festival, das, was seine Innovation­skraft betrifft, ausbaufähi­g ist. Skokan: Oper ist teuer, ich weiß das, ich würde auch gerne viel mehr Opern machen, und wenn eine Gemeinde diese Ansuchen akzeptiert und die Subvention­en genehmigt, dann kommentier­e ich das nicht weiter. Wenn allerdings gleichzeit­ig darüber diskutiert wird, ob man einem kleinen Kulturvere­in das Minibudget auch noch kürzt – so wie das in Wels der Fall war – dann ist das einfach beschämend. Bis 31. 8. JUTTA SKOKAN ist Kulturmana­gerin, Autorin und Lebensbera­terin. Sie wurde 1943 in Lambach, Oberösterr­eich, geboren und steht neben den Oberösterr­eichischen Kulturverm­erken und dem Literaturf­estival Sprechtage Wels seit 1999 den Salzkammer­gutfestwoc­hen Gmunden als Intendanti­n vor.

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