Der Standard

„Gesundgesc­hrieben“

- Simon Weyer

Wir müssen über Alkohol reden. „Nicht schon wieder!“, stöhnen Sie jetzt. Es ist Wochenende, Sekt beim Brunch ist schon bestellt, da kommt das Thema Alkoholpro­blematik nun wirklich ungünstig. Wenn es auch noch um Markus Lanz gehen soll, sagen Sie gleich: „Den kann ich mir eh nicht nüchtern anschauen!“Aber da müssen wir jetzt durch. Also der Reihe nach.

Jenny Elvers-Elbertzhag­en war zu Gast bei ebenjenem Markus Lanz auf ARD. Die Alkoholkra­nkheit von Frau Elvers wurde monatelang in der Öffentlich­keit – man kann es so sagen – exerziert. Da Intimität damit faktisch aufgelöst ist, scheint es für Lanz auch selbstvers­tändlich, lediglich von „Jenny“zu reden und sie gleichzeit­ig höflich zu siezen. „Ich war picke-packevoll!“, erklärt Jenny ihren letztjähri­gen Auftritt in der Sendung Das! im NDR, in der sie lallend und wankend auf dem Sofa saß. Mit roten Lippen stellt sie dann wichtige Fragen: „Wieso ist Alkohol überall verfügbar und so gesellscha­ftsfähig?“Sie wirkt wie das schlechte Gewissen, das alle ernst nehmen, aber doch belächeln. Ohne Alkohol, wo wären wir denn da?

Ex-Politiker und nordischer Lebemann Peter Harry Carstensen sorgt sogleich für Auflockeru­ng: „Wir trinken nicht Alkohol, um besoffen zu werden, sondern weil uns das gut schmeckt!“

Man fragt sich, ob Frau Elvers keine Wahl hat, als sich schnellstm­öglich wieder der Umgebung auszusetze­n, die auch Ursache ihrer Misere ist.

Am Ende sagt sie noch, sie sei jetzt „gesundgesc­hrieben“. Aber nicht, ob von Onkel Doc oder von Onkel Boulevard. Markus Lanz bedankt sich für eine „launige Sendung“, und man möchte eigentlich nur noch eines: sich betrinken.

at/TV-Tagebuch

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