Ein Mythos verblasst
Langsam, aber wirklich nur langsam setzt sich auch in den Vereinigten Staaten die Ansicht durch, dass es sich beim Spionageprogramm Prism um einen Skandal und nichts anderes handelt. Bürgerrechtsgruppen befassen sich damit, es gibt Anhörungen vor dem Kongress ( der Standard berichtete). Und, ja, auch die amerikanischen Medien sind inzwischen von vorübergehender Erblindung und Amnesie in der Causa genesen.
Ein Wunder? Kein Wunder. Noch vor nicht allzu langer Zeit – Stichwort Watergate-Skandal – haben sich New York Times und Washington Post darin überboten, den Mächtigen auf die Finger zu klopfen. Seit 9/11 dagegen ist es in den USA guter Brauch, dass sich auch die einst mächtigsten Medienhäuser nicht mehr getrauen, wider den Stachel zu löcken. Man schart sich hinter den Fahnen der Regierung. Man trägt mit, was die Obrigkeit vorgibt. So sind die USA in den Irakkrieg geraten. Und so ist die Öffentlichkeit im „Land of the Free“jetzt dabei, für angebliche Sicherheit ihre Freiheit Interessen von Geheimdienstlern zu opfern.
Blätter, die wie einst der Philadelphia Enquirer scharf gegen den Irakkrieg auftraten, wurden ironischerweise beinahe geschlossen und sind heute nur noch ein Schatten ihrer selbst. Die Amerikaner dürfen sich glücklich schätzen, dass sie Guardian und BBC als Informationsquellen zu Prism haben. Der Mythos von der unbestechlichen, der aufklärerischen amerikanischen Presse, der war einmal.