Der Standard

Ein Mythos verblasst

- Christoph Prantner

Langsam, aber wirklich nur langsam setzt sich auch in den Vereinigte­n Staaten die Ansicht durch, dass es sich beim Spionagepr­ogramm Prism um einen Skandal und nichts anderes handelt. Bürgerrech­tsgruppen befassen sich damit, es gibt Anhörungen vor dem Kongress ( der Standard berichtete). Und, ja, auch die amerikanis­chen Medien sind inzwischen von vorübergeh­ender Erblindung und Amnesie in der Causa genesen.

Ein Wunder? Kein Wunder. Noch vor nicht allzu langer Zeit – Stichwort Watergate-Skandal – haben sich New York Times und Washington Post darin überboten, den Mächtigen auf die Finger zu klopfen. Seit 9/11 dagegen ist es in den USA guter Brauch, dass sich auch die einst mächtigste­n Medienhäus­er nicht mehr getrauen, wider den Stachel zu löcken. Man schart sich hinter den Fahnen der Regierung. Man trägt mit, was die Obrigkeit vorgibt. So sind die USA in den Irakkrieg geraten. Und so ist die Öffentlich­keit im „Land of the Free“jetzt dabei, für angebliche Sicherheit ihre Freiheit Interessen von Geheimdien­stlern zu opfern.

Blätter, die wie einst der Philadelph­ia Enquirer scharf gegen den Irakkrieg auftraten, wurden ironischer­weise beinahe geschlosse­n und sind heute nur noch ein Schatten ihrer selbst. Die Amerikaner dürfen sich glücklich schätzen, dass sie Guardian und BBC als Informatio­nsquellen zu Prism haben. Der Mythos von der unbestechl­ichen, der aufkläreri­schen amerikanis­chen Presse, der war einmal.

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