Gelb ist die Farbe des Verdachts
Je besser wir unsere Arbeit erledigen, desto mehr Menschen glauben, dass wir dopen.“Das hatte Christopher Froome gesagt, ehe er sich am 29. Juni aufs Rad schwang. Und wenn nichts Grobes dazwischenkommt, wird der Brite am Sonntag in Paris nach 3404 Kilometern die 100. Tour de France gewonnen und also die Arbeit am besten von allen erledigt haben.
Der Verdacht ist allgegenwärtig bei der Tour, die schon reichlich nachweislich Gedopte lieferte in ihrer Geschichte. Naturgemäß sagt Lance Armstrong, dass man die Rundfahrt nur mit Doping gewinnen könne, seine sieben Siege sind ihm ja nachträglich genau deshalb aberkannt worden. Das sei die „Leistung eines Mutanten“, behauptete der französische Sportwissenschafter Antoine Vayer, nachdem Froome beim Schlussanstieg einer Bergetappe alle stehen ließ und mit angeblich 446 Watt kurbelte. Das seien nur um zwei weniger als weiland bei Armstrong. Vayer hatte 1998 für das Team Festina gearbeitet, das im Mittelpunkt eines Dopingskandals stand, und Froome sagte: „Man beschuldigt mich, ein Lügner und Betrüger zu sein, das ist nicht cool.“
Froome ist jedenfalls noch nie positiv getestet worden. Sein Rennstall Sky übergab als Reaktion auf die Vorwür- fe Froomes Leistungsdaten an L’Equipe. Die Sportzeitung ließ die Daten überprüfen und stellte keine Anomalien fest. Laut Sky sei Froome heuer 29-mal getestet worden, 19-mal bei der laufenden Tour.
Froome kam vor 28 Jahren in Kenia auf die Welt, seine Eltern waren Farmer. Als er 14 war, übersiedelte die Familie nach Südafrika. Christopher radelte zunächst auf dem Mountainbike. Dann wechselte er auf die Straße, startete als Kenianer 2006 bei der WM in Salzburg. 2008 starb seine Mutter, er übersiedelte nach England, wurde britischer Staatsbürger. Im gleichen Jahr bestritt Froome seine erste Tour. Seit seiner Jugend in Afrika leidet er unter Bilharziose, erst 2011 wurde die Krankheit diagnostiziert und mit Medikamenten behandelt. Für diese, sagt Froome, brauche er keine Ausnahmegenehmigung. Seit 2010 radelt er für Sky, im Vorjahr beendete er die Tour als Zweiter hinter seinem Landsmann und Teamkollegen Bradley Wiggins, der heuer wegen einer Knieentzündung nicht mitmacht. Erst im Mai wurde Froome zum Kapitän von Sky befördert. Nach einer Tourwoche schlüpfte er ins Gelbe Trikot des Gesamtführenden. „Meine Ergebnisse werden noch in zehn Jahren Bestand haben“, beteuert er. Benno Zelsacher