Der Standard

Ein Lehrer in Botswana

Zweite Station der Reise durch den schachlich­en Süden: Gaborone. Ein schwarz-weißes Logbuch

- Von ruf & ehn

Von Gambia an der Westküste Afrikas, unserer ersten Station, führt der Weg nach Südosten. Was macht man eigentlich in Botswana? Man könnte sich für die Kolonialge­schichte und ihre Folgen des seit 1966 unabhängig­en Staates, nördlich von Südafrika und westlich von Simbabwe, interessie­ren. Man könnte in der Hauptstadt Gaborone überprüfen, ob es stimmt, dass Botswana ein demokratis­cher Musterstaa­t Afrikas ist. Oder gemeinsam mit jungen Ärzten darüber diskutiere­n, woher die hohe HIV-Infizierun­gsrate unter Botswanas Erwachsene­n stammt und wohin die westlichen Hilfsgelde­r fließen.

Die meisten Besucher kommen allerdings für Buschwande­rungen durch den Chobe-Nationalpa­rk oder Kanufahrte­n durch das Okavango-Delta. Dejan Bojkov kam heuer nach Botswana, um Schach zu lehren. Der 36-jährige Großmeiste­r aus Bulgarien veranstalt­ete Anfang Mai ein Trainingss­eminar in Gaborone, das parallel zum afrikanisc­hen Zonenturni­er der Männer und Frauen stattfand – mit Spielern und Spielerinn­ern aus Simbabwe, Sambia, Namibia, Südafrika, Angola und natürlich Botswana, die am Turnier wie am Seminar Bojkovs teilnahmen.

Beim Turnier siegte Gillian Bwalya (2315) überlegen mit acht Punkten aus neun Runden. Der FIDE-Meister aus Sambia gewann nach verhaltene­m Start sieben Partien en suite und siegte mit zwei Punkten Vorsprung vor Rodwell Makoto (ZIM), Deon Salomons (RSA) und Providence Oatlhotse aus Botswana. Der favorisier­te südafrikan­ische IM Johannes Mabusela (2320) belegte nur den fünften Rang.

Im Frauenwett­bewerb setzte sich überrasche­nd die Südafrikan­erin Charlize van Zyl vor vier Kolleginne­n aus Botswana durch. Gerade für die jungen Afrikaneri­nnen ist Schach ein wichtiges Fenster der Selbststän­digkeit, für Kinder eine Chance, Selbstvert­rauen zu gewinnen und ein hervorrage­ndes Mittel internatio­naler Kommunikat­ion. Erste Kooperatio­nen von deutschen und südafrikan­ischen Schachklub­s via Internet scheinen dabei erfolgvers­prechend.

Das Zonenturni­er in Gaborone war ein wichtiges Lebenszeic­hen des Schachspie­ls in Afrika. Das Turnier war perfekt organisier­t, alle Partien wurden aufgezeich­net, was bei afrikanisc­hen Turnieren keineswegs selbstvers­tändlich ist.

Im Fundus der Spiele findet sich folgende bärenstark­e Positionsp­artie von Goabaone Tangari gegen Thabo Gumpo. Beide Spieler aus Botswana zeigen sich theoretisc­h und taktisch versiert.

Tangani – Gumpo

Gaborone 2013 1.e4 c5 2.Sf3 Sc6 3.d4 cxd4 4.Sxd4 Sf6 5.Sc3 g6 Schwarz lenkt in die Drachenvar­iante ein ohne 6.Sxc6 bxc6 7.e5 oder 6… dxc6 7.Dxd8+ Kxd8 8.Lc4 zu fürchten. 6.Le3 Lg7 7.Lc4 0–0 8.Lb3 Tangani folgt der neuesten Mode dieser Eröffnung. 8… a5 9.0–0 a4 Auch Gumpo ist auf der Höhe und bringt ein temporäres Bauernopfe­r. 10.Sxa4 Sxe4 11.Sb5 Ta6 Denn es drohte unangenehm 12.Lb6. 12.c4 d6 13.De2 Sf6 14.f3 In der bekannten Partie Svidler – Topalov, Linares 1999, ging es mit 14.Tfd1 Ld7 15.Sac3 Db8 16.h3 weiter. 14... Le6 15.Tfd1 Sa5 Leitet eine große Abtauschak­tion ein. 16.Sc5 Sxb3 17.Sxe6 fxe6 18.axb3 Txa1 19.Txa1 Weiß besitzt die a-Linie und steht ein wenig besser. Will e6-e5 provoziere­n, um neue Schwächen im gegnerisch­en Lager zu schaffen. e5 Nach 20... Lxd4+ 21.Sxd4 e5 22.Se6 Db6+ 23.Df2 Dxf2+ 24.Kxf2 wäre Weiß in einem besseren Endspiel gelandet. 21.Lf2 Dc8 22.Sc3 Kh8 23.Se4 Sf6 24.Sxf6 Der Springer wird getauscht, weil ihm nach 24.Sg5 Df5 nebst h7-h6 die Unterstütz­ung durch die weißen Figuren fehlt. 24... exf6 25.Dd3 Auf d6 ist eine neue Schwäche entstanden. 25… Dc6 26.b4! Starkes Positionss­piel! Dieser Bauer drängt die Dame zurück. 26… f5 27.b5 Dc7 28.Dd5 De7? Schwarz sollte mit 28... Lf6 schnell alle Kräfte zur Verteidigu­ng mobilisier­en. 29.Ta7 Noch stärker war 29.c5! und Schwarz steht vor unlösbaren Aufgaben.

Zu passiv. Der letzte Rettungsan­ker war das offensive 31... Dg5! 32.Ta1 e4 33.fxe4 Td8 34.Dxb7 fxe4 und Weiß muss hart arbeiten, um einen Vorteil nachzuweis­en. 32.b6 Dc8 33.b4 h5 Nach 33... e4 34.fxe4 fxe4 35.h4! geht Schwarz die Luft aus. 34.Dd6 Kh7 Auch das etwas bessere 34... De8 35.Dc7 e4 36.Txb7 Txb7 37.Dxb7 De5 38.Da6 führt zur Niederlage.

Schwarz wird wie ein Paket zusammenge­schnürt und muss jedem Tausch ausweichen. 35… Dg8 36.Txb7 Td8 Oder 36... Txb7 37.Dxb7 Dc4 38.Kh1 mit Gewinnstel­lung. 37.Df7 Dh8 Auf 37... e4 gewinnt am einfachste­n 38.Df6 Td1+ 39.Kf2 f4 40.Txg7+! Dxg7 41.Dxg7+ Kxg7 42.b7. 38.Td7 Tb8 39.b7 e4 Läuft ins offene Messer. 40.Ld4 10, denn nach 40… Tf8 41.Dxg7+ Dxg7 42.Lxg7 Te8 43.Lf6+ Kg8 44.Td8 zieht auf b8 eine neue Dame ein.

Ganz schön schwer 2035

Sxh62. Lc44.

Td5

Th43. Tc5 Th72. c6 1... Th5!!1. Vorwoche):( 2032

Lösungen:

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Foto: H. Thaler 2011 Schach „on the road“im Süden. 29... Tb8 30.c5 dxc5 31.Lxc5 Dc7?
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20...
35.Dc7!
19... Sd7 20.Ld4 20... 35.Dc7!
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