Umgang mit Diversitäten „besorgniserregend“
Wenn in Unternehmen das Vielfaltsmanagement nicht umgesetzt wird, dann mag das auch am gesellschaftlichen Klima liegen, lässt eine aktuelle Untersuchung der Bertelsmann-stiftung vermuten.
„Self-Cloning“heißt der blinde Fleck in Unternehmen schon beim Rekrutieren, der in Belegschaften so viel Uniformität wie möglich erzeugt. Oft ohne Absicht, aber eben ohne viel Bewusstsein und meist ohne angemessene Prozesse für Vielfaltsmanagement. Berater berichten immer wieder, dass Firmen ihre Diversity überschätzen. Auch eine Studie der Boston Consulting Group („Shattering the Glass Ceiling“) verweist die tadellose Selbsteinschätzung von Firmenchefs in Sachen Diversität und offene Unternehmenskultur in das Reich der Mythen.
Die Bertelsmann-Stiftung hat sich nun kürzlich wieder angesehen, wie es um Zusammenhalt und Vielfalt in Österreich steht. „Besorgniserregend“ist demnach für die Forscher der schwache Umgang mit Diversitäten in Österreich.
Dazu gehört die Tolerierung von Minderheiten und deren Lebensstil, wie beispielsweise von Einwanderern oder Homosexuellen. Österreich rangiert in dieser Kategorie lediglich im unteren Mittelfeld, ebenso wie die Nach- barländer Schweiz und Deutschland. In allen drei Ländern gibt es kontinuierlich Diskussionen über Integration von Migranten.
„Insbesondere vor dem Hintergrund einer alternden Gesellschaft benötigt Österreich die Einwanderung von Fachkräften aus dem Ausland“, folgern die Studienautoren. Denn der Vergleich mit anderen Einwanderungsländern zeigt, dass ein hoher Anteil an Migranten kein Hindernis für starken Zusammenhalt ist. Vielmehr belastet die fehlende Akzeptanz von Vielfalt das Zusammenleben.
In den skandinavischen Ländern ist der gesellschaftliche Zusammenhalt am stärksten. Da liegt Österreich insgesamt im Mittelfeld der 34 untersuchten Länder auf Platz 13. Gesellschaftlicher Zusammenhalt ist definiert als Qualität des gemeinschaftlichen Miteinanders. Ein Forscherteam der Universität Bremen hat die Entwicklung von 1989 bis heute in allen EU-Staaten (vor dem Beitritt Kroatiens) sowie in den OECD-Nationen Australien, Israel, Kanada, Neuseeland, Norwegen, Schweiz und den USA untersucht.
Als gute Rahmenbedingungen für einen starken Zusammenhalt nennen die Wissenschafter vor allem Wohlstand, eine ausgeglichene Einkommensverteilung und den technologischen Fortschritt hin zur Wissensgesellschaft. Vonseiten Globalisierung und Einwanderung hingegen gebe es keinen statistisch belegbaren negativen Einfluss auf den Zusammenhalt eines Landes, so ein Fazit der Untersuchung.
„Moderne Gesellschaften beruhen nicht auf Solidarität, die aus Ähnlichkeit erwächst, sondern auf Solidarität, die auf Verschiedenheit und gegenseitiger Abhängigkeit fußt.“(APA, kbau)