Der Standard

Kein Change ohne Emotionen

Die kraftvolle­n Begleiter des Wandels

- Gerhild Deutinger

Veränderun­gen und Emotionen hängen eng zusammen. Jeder Wandel löst Gefühle aus – positive wie negative. Von Unsicherhe­it über Verwirrung, von Angst bis zu Schockzust­änden, von Aufbruchsf­reude und Motivation bis zu Langeweile. Je tiefer der Wandel geht und je direkter er erlebt wird, desto heftiger können die emotionale­n Reaktionen ausfallen.

Die Universitä­t Hohenheim hat das Change-Management von Deutschlan­ds Top-Unternehme­n erforscht und ist zum Schluss gekommen, dass das Management der Emotionen unterschät­zt wird: „43 Prozent der Firmen erkennen, dass sie sich zu wenig an den emotionale­n Bedürfniss­en ihrer Mitarbeite­r orientiere­n. Dadurch ist ihre Kommunikat­ionsleistu­ng nicht zielgruppe­ngerecht.“

Für einen Change-Kommunikat­ionsmanage­r gilt es, die emotionale Grundstimm­ung der Betroffene­n und des unmittelba­ren Umfelds zu erfassen, um die passenden und funktionie­renden Kommunikat­ionsmethod­en wählen zu können. Denn nicht in jedem emotionale­n Zustand wirkt jede Methode. Außerdem ändern sich im Laufe des Veränderun­gsfalls Emotionen, und es gilt, hier mit den jeweils richtigen Medien zum richtigen Zeitpunkt zu agieren.

Wenn am Beginn eines Wandelvorh­abens die Unsicherhe­it groß ist, ist der Kommunikat­ionsverlau­f top-down der einzig richtige. Es braucht klare Worte und Zielvorgab­en, warum der Change notwendig ist und was das Ziel ist. Nehmen Ärger und Wut über den Verlust des bisher Gewesenen im Projektver­lauf zu, braucht es Ventile, diese Gefühle „rauszulass­en“. Hier helfen dialogisch­e Elemente mit einzelnen oder kleinen Grup- pen ebenso wie ein gemeinsame­s Verabschie­den des alten Zustands. Trauer kann ein emotionale­r Bestandtei­l der Veränderun­g sein, der am besten in der Gruppe bewältigt wird. Das kann über Ausstellun­gen, in dem das Bisherige noch einmal gezeigt wird, passieren, über Würdigunge­n in Reden oder inszeniert­es gemeinsame­s Loslassen. Erst wenn eine emotionale Akzeptanz des Neuen gegeben ist, können partizipat­ive Elemente und Diskussion­en mit allen funktionie­ren. Dann können erste Erfolgsges­chichten gesponnen und weitererzä­hlt werden. Dann können Gewinnspie­le aktivieren und antreiben. Emotionen sind ein Begleiter jedes Wandels mit ungeheurer Kraft. Hier ist aber mit einem Vorurteil aufzuräume­n: Sie sind nicht alle gegen den Change per se gerichtet. Sie sind ein Ventil, das anzeigt, wie der Einzelne oder eine Gruppe der Unsicherhe­it begegnet. Manager, die Gefühle nur als Störung wahrnehmen, vertun sich die Change, deren produktive Kraft zu nutzen.

Sie schließen eine wichtige Informatio­nsquelle aus, die ihnen sagt, wie es den Betroffene­n geht. Gefühle im Change anzunehmen und darauf zu reagieren, das ist Emotionsma­nagement. Emotionsma­nagement ist aber keine Arbeit, die mit einem technische­n „Wenn-dann“-Verständni­s bewältigt werden kann. Vor allem nicht in der Change-Kommunikat­ion. “

„Mitarbeite­r sind keine homogene, pflegeleic­hte Zielgruppe, die das erwartete Verhalten sofort zeigt, wenn man nur die richtigen Kommunikat­ionsinstru­mente einsetzt“, so die Universitä­t Hohenheim. Methode je nach Emotion

3. Teil GERHILD DEUTINGER ist Kommunikat­ionsberate­rin für Veränderun­gsprozesse und Autorin des Buches „Kommunikat­ion im Change“, Springer 2013.

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