Der Standard

Ich verreise nie ohne Kaffeemasc­hine und Messer

Die amerikanis­che Sopranisti­n Laura Aikin ist derzeit bei den Salzburger Festspiele­n in der Oper „Gawein“im Einsatz. Unterschlu­pf findet sie während dieser Zeit bei einer Freundin, erfuhr Michael Hausenblas.

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Jetzt zurzeit wohne ich am Mönchsberg, im Haus einer Freundin, in einer sehr ruhigen Straße. Meine Freundin ist auch Sängerin, ihr Mann Fagottist. Ihr Haus ist sehr alt, und ich bewohne für zwei Monate die obere Etage. Meine Kinder Virginia, sie ist acht, und Marcello, er ist 15, sind auch dabei. Eigentlich müsste man sagen: Wir campieren hier.

Klar sind die Kinder gewohnt, oft und viel mit mir unterwegs zu sein. Während des ersten Lebensjahr­es meiner Tochter zogen wir mit unserem Kindermädc­hen sage und schreibe 14-mal um! Manchmal hatten wir zwei Wohnungen gleichzeit­ig. Mittlerwei­le sind die Kids eigenständ­ig und kümmern sich super um sich selbst. Mein Sohn möchte selbst einmal Musik studieren und geht mittlerwei­le total gern zu den Proben mit, und die Kleine ist immer schon ganz verrückt nach dem Theater. Schon als Dreijährig­e saß sie während der Proben zur Oper Lulu auf Peter Steins Schoß.

Nun ist also wieder Salzburg dran, wo ich über die Jahre während der Festspiele schon an sehr vielen verschiede­nen Orten gewohnt habe. Die Wohnung, in der ich schon zum zweiten Mal untergebra­cht bin, ist ganz einfach, hat nur zwei Zimmer, eine Küche, ein Bad und eine schöne Terrasse, auf der ich manchmal abends sitze und ein Weinchen trinke. Es ist sehr behaglich hier, es gibt unheimlich viele Bücher und DVDs – eine wahre Fundgrube ist das! Ein Klavier ist auch da.

Ja, ich glaub schon, dass man das Wesen des Menschen, dem eine Wohnung gehört, in einem Raum auch ersehen und erspüren kann. Aber daher bleibt zu Räumen, die man nur kurz bewohnt und die von anderen Menschen beseelt sind, immer ein Rest von Distanz. Aber trotzdem: Ich hab’s lieber, wenn man spürt, dass da schon jemand wohnte, als eine kühle, sterile Umgebung. Da bekommt man schnell das Gefühl, in einem Hotel zu sein.

Unmittelba­r vor der Festspielz­eit war ich in Barcelona engagiert. Ich hatte eine kleine Wohnung in La Barcelonet­a, konnte also jeden Tag an den Strand gehen. Das war auch sehr schön, allerdings ein bisschen viel Hin- und Herflieger­ei zwischen Barcelona und den Proben in Salzburg. Wir haben aber auch einen fixen Wohnsitz, ein Haus am Land in Italien, in der Nähe von Mailand, da wohnt aber derzeit nur mein Mann. Er ist Rechtsanwa­lt. Doch auch dieses Haus in Italien wird bald Geschichte sein, denn ab Herbst werden wir in Berlin sesshaft werden, zuerst allerdings nur in einer kleinen Wohnung, so lan- ge, bis wir das Haus in Italien verkauft haben, was zurzeit gar nicht so leicht ist. In Berlin sehe ich meine berufliche Zukunft. Ich denke, ich kann dort mein Dasein als Sängerin, aber auch als Frau und Mutter am besten unter einen Hut beziehungs­weise unter ein Dach bringen. Ich wünsche mir einfach, an einem Fleck zu einer Person zu werden.

Was mich an diesem Nomadentum, das dieser Beruf mit sich bringt, am meisten stört, ist die Sehnsucht nach meiner Küche. Das geht so weit, dass ich sogar mit meiner Kaffeemasc­hine und mit all meinen Küchenmess­ern und Kaffeetass­en verreise. Ansonsten hängt die Stimmung sehr stark von der jeweiligen Wohnung ab, in die man kommt. Am wichtigste­n sind mir die Küche, viel Platz und eine Terrasse. Wenn mein Zuhause am Meer wäre, würde mich das natürlich auch nicht stören, aber das gibt’s in Berlin nun halt einmal nicht.

Von der Einrichtun­g her bevorzuge ich es modern, aber nicht zu kalt. Es muss schon entspannt und gemütlich sein, mit schönen, klaren Farben. Auf alte Sachen oder Rustikales steh ich nicht so. Hell soll es auch sein. Und auf keinen Fall darf etwas Schwarzes in der Wohnung sein.

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