Streit um Kompetenz bei Bankenabwicklung
EU-Kommission schlägt vor, Verantwortung bei Rettungsfonds ESM anzusiedeln
Brüssel – In den Streit zwischen Brüssel und Berlin über eine einheitliche europäische Abwicklung von Krisenbanken kommt Bewegung. EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier schlug als Kompromiss vor, dass die Kommission nur vorübergehend die zentrale Rolle spielen solle. Langfristig könnte mit einer Änderung von EU-Verträgen der Euroschutzschirm ESM die Abwicklung übernehmen. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble reagierte aber skeptisch. „Auch eine Übergangslösung müsste rechtlich tragfähig und praktikabel sein“, sagte sein Sprecher am Mittwoch in Berlin. Das sei in Barniers Modell nicht der Fall. Die Bankenabwicklung generell beim ESM anzusiedeln, lehnt die Bundesregierung aber nicht kategorisch ab.
Eine Nutzung des eigentlich für Hilfen an Eurokrisenländer geschaffenen Schutzschirms setze voraus, dass die EU-Verträge geändert würden, sagte auch Barnier. „Sobald das geschehen ist, würde man die Bankenabwicklung dem ESM übertragen.“Die einheitliche europäische Bankenabwicklung ist eine tragende Säule der geplanten Bankenunion, mit der sich Europa besser gegen Finanzkrisen wappnen will. Auf eine gemeinsame Bankenaufsicht, die bei der EZB angesiedelt wird, haben sich die EU-Länder bereits verständigt. Über die ergänzende Abwicklung maroder Banken wollen sich die Beteiligten bis Dezember einigen.
Barnier rückte in einem aktuellen Interview mit dem Handelsblatt von seinem ursprünglichen Vorschlag ab, der EU-Kommission das letzte Wort bei Abwicklungsentscheidungen zu überlassen. Schäuble und etliche seiner EUKollegen hatten diesen Weg gerade aus juristischen Gründen abgelehnt. Im Grundsatz beharrt die deutsche Regierung darauf, die Abwicklung zunächst bei nationalen Bankenaufsehern zu belassen, die aber besser vernetzt werden sollten. (Reuters)