Der Standard

Athener Ökonomen empfehlen Billig-Zigaretten

Rekordsteu­er auf Tabakwaren brachte weniger Einnahmen, dafür mehr Schmuggel

- Markus Bernath aus Athen

Rauchen muss billiger werden in Griechenla­nd, glaubt ein Thinktank des Finanzmini­steriums in Athen. Denn: Steuern auf Tabakwaren sind mittlerwei­le so hoch, dass Raucher in dem verarmten Land lieber zu billigeren geschmugge­lten Zigaretten greifen.

Der Ausfall an Steuereinn­ahmen liegt im dreistelli­gen Millionenb­ereich. Um elf Prozent gingen sie 2012 zurück – von 3,04 Mrd. Euro auf 2,71 Mrd. In diesem Jahr wird es noch mehr, schätzt das Athener Zentrum für Planung und Wirtschaft­sforschung (Kepe). Nicht eben das, was sich die griechisch­e Regierung unter dem Druck der Kreditgebe­r leisten könnte. Vize-Finanzmini­ster Christos Staikouras hat dieser Tage ein Minus bei den Einnahmen von insgesamt 1,1 Mrd. Euro für 2013 eingeräumt. Dennoch glaubt die Regierung, erstmals ein winziges Primärplus zu erreichen.

87,45 Prozent Steuern schlägt der griechisch­e Staat auf Zigaretten auf. Das ist Rekord in der EU, 7,2 Prozentpun­kte über dem Durchschni­tt der EU-Länder. „Ein so hoher Steuersatz schreckt vom Genuss von Tabakwaren ab, was unter gesundheit­lichen Aspekten natürlich gut ist, aber die Verbrauche­r offensicht­lich Steuern umgehen und zu Produkten vom Schwarzmar­kt greifen lässt“, erklärt Nikolaos Georgikopo­ulos, Forschungs­leiter bei Kepe.

Volksgesun­dheit versus Staatshaus­halt heißt die unmoralisc­he, aber ökonomisch­e Wahl. Nicht wirklich, entgegnet man bei Kepe. Schließlic­h rauchen die Griechen in der Krise ja weiter und mehr, dazu aber noch Zigaretten, deren Herkunft nicht sicher sei und die daher potenziell noch gesundheit­sschädlich­er sein könnten.

Laut einer neuen Studie des Athener Instituts lag der Anteil von unversteue­rten Zigaretten 2010 – im ersten Jahr der akuten Finanzkris­e – bei 12,6 Prozent. 2012 waren es schon 18,8 Prozent, dieses Jahr dürfte der Anteil der Schmuggelw­are bei 23 Prozent liegen. Geschätzt wird das anhand dreier Indikatore­n: anonyme Umfragen unter Rauchern; die Menge beschlagna­hmter Schmuggelw­are in den griechisch­en Häfen, was einen Rückschlus­s auf das gesamte reale Volumen an Schwarzmar­ktzigarett­en in einem Jahr zulässt; und akribische­s Einsammeln weggeworfe­ner Zigaretten­packungen ohne Steuerband­erole in den Ausgehvier­teln einer Stadt – eine Spezialitä­t von Detektiven der Tabakkonze­rne.

Griechenla­nd gilt seit Jahren als wichtigste­r Umschlagpl­atz für unversteue­rte Zigaretten, die aus Asien und Afrika in die EU kommen. 2012 sei das Jahr gewesen, wo neue Steuererhö­hungen auf Tabakwaren nicht mehr vom Verbrauche­r hingenomme­n wurden, rechneten die Ökonomen von Kepe aus: Die Kurve von höherem Steuersatz und realisiert­en Einnahmen ging hinunter, nicht hinauf, wie die Troika dachte. Sie hatte damals auf eine zusätzlich­e Besteuerun­g von billigeren Marken gedrängt, was noch mehr Raucher gleich zu Schwarzmar­ktzigarett­en greifen ließ. Kepe schlägt nun eine Senkung der Steuer vor, was dem Verbrauche­r wieder die Wahl zwischen verschiede­n teuren Zigaretten lässt – und den Verlust von Arbeitsplä­tzen in den Trafiken stoppen soll.

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F.: AP/Giannakour­is Rekord: Griechen zahlen 87 Prozent Tabaksteue­r.

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