Athener Ökonomen empfehlen Billig-Zigaretten
Rekordsteuer auf Tabakwaren brachte weniger Einnahmen, dafür mehr Schmuggel
Rauchen muss billiger werden in Griechenland, glaubt ein Thinktank des Finanzministeriums in Athen. Denn: Steuern auf Tabakwaren sind mittlerweile so hoch, dass Raucher in dem verarmten Land lieber zu billigeren geschmuggelten Zigaretten greifen.
Der Ausfall an Steuereinnahmen liegt im dreistelligen Millionenbereich. Um elf Prozent gingen sie 2012 zurück – von 3,04 Mrd. Euro auf 2,71 Mrd. In diesem Jahr wird es noch mehr, schätzt das Athener Zentrum für Planung und Wirtschaftsforschung (Kepe). Nicht eben das, was sich die griechische Regierung unter dem Druck der Kreditgeber leisten könnte. Vize-Finanzminister Christos Staikouras hat dieser Tage ein Minus bei den Einnahmen von insgesamt 1,1 Mrd. Euro für 2013 eingeräumt. Dennoch glaubt die Regierung, erstmals ein winziges Primärplus zu erreichen.
87,45 Prozent Steuern schlägt der griechische Staat auf Zigaretten auf. Das ist Rekord in der EU, 7,2 Prozentpunkte über dem Durchschnitt der EU-Länder. „Ein so hoher Steuersatz schreckt vom Genuss von Tabakwaren ab, was unter gesundheitlichen Aspekten natürlich gut ist, aber die Verbraucher offensichtlich Steuern umgehen und zu Produkten vom Schwarzmarkt greifen lässt“, erklärt Nikolaos Georgikopoulos, Forschungsleiter bei Kepe.
Volksgesundheit versus Staatshaushalt heißt die unmoralische, aber ökonomische Wahl. Nicht wirklich, entgegnet man bei Kepe. Schließlich rauchen die Griechen in der Krise ja weiter und mehr, dazu aber noch Zigaretten, deren Herkunft nicht sicher sei und die daher potenziell noch gesundheitsschädlicher sein könnten.
Laut einer neuen Studie des Athener Instituts lag der Anteil von unversteuerten Zigaretten 2010 – im ersten Jahr der akuten Finanzkrise – bei 12,6 Prozent. 2012 waren es schon 18,8 Prozent, dieses Jahr dürfte der Anteil der Schmuggelware bei 23 Prozent liegen. Geschätzt wird das anhand dreier Indikatoren: anonyme Umfragen unter Rauchern; die Menge beschlagnahmter Schmuggelware in den griechischen Häfen, was einen Rückschluss auf das gesamte reale Volumen an Schwarzmarktzigaretten in einem Jahr zulässt; und akribisches Einsammeln weggeworfener Zigarettenpackungen ohne Steuerbanderole in den Ausgehvierteln einer Stadt – eine Spezialität von Detektiven der Tabakkonzerne.
Griechenland gilt seit Jahren als wichtigster Umschlagplatz für unversteuerte Zigaretten, die aus Asien und Afrika in die EU kommen. 2012 sei das Jahr gewesen, wo neue Steuererhöhungen auf Tabakwaren nicht mehr vom Verbraucher hingenommen wurden, rechneten die Ökonomen von Kepe aus: Die Kurve von höherem Steuersatz und realisierten Einnahmen ging hinunter, nicht hinauf, wie die Troika dachte. Sie hatte damals auf eine zusätzliche Besteuerung von billigeren Marken gedrängt, was noch mehr Raucher gleich zu Schwarzmarktzigaretten greifen ließ. Kepe schlägt nun eine Senkung der Steuer vor, was dem Verbraucher wieder die Wahl zwischen verschieden teuren Zigaretten lässt – und den Verlust von Arbeitsplätzen in den Trafiken stoppen soll.