Po-Paraden und vertonte Fliegen
Auch das filmische und musikalische Werk Yoko Onos ist von Fluxus durchdrungen
Krems – Wie kann man nackte Hintern noch übertrumpfen? Ganz klar: Indem man noch viel mehr blanke Popos zeigt. New Yorker Künstler wie Carolee Schneemann und James Tenney, Freunde von Yoko Ono, und sogar ihre Tochter Kyoko ließen 1966 für Film No. 4 (Bottoms) die Hosen runter.
Rund fünfeinhalb Minuten sieht man eine Sequenz bewegter Ärsche – ohne Ton. Die längere Version von Onos drittem Fluxusfilm zeigt gar 80 Minuten lang Großaufnahmen von Gesäßen. Um den Streifen aufzupeppen, untermalte Ono die Schwarz-Weiß-Bilder mit Gesprächen, die sie während des Drehs aufgenommen hat. Man hört etwa von der Angst einiger Teilnehmer, sich zu sehr zu entblößen, andere träumen schon von einer Filmkarriere. Am Ende des Films merkt Yoko Ono an, dass die Performer wohl alles zu ernst nähmen. Film No. 4 ist humorvoll und aufrührerisch zugleich, denn Yoko Ono wollte die Hintern möglichst geschlechtsneutral darstellen. Auch Fly aus dem Jahr 1970 drehte Ono mit feministischer Intention. Man sieht eine Frau, auf der Fliegen, vertont von Ono und Lennon, herumkrabbeln. Im Fokus steht nicht die weibliche Brust, die in den Großaufnahmen zur Landschaft für die Fliege wird, sondern das Insekt. Auf diese Weise entsexualisiert Ono den weiblichen Körper.
Onos filmisches Schaffen ist eng mit ihren anderen Arbeiten verknüpft. So bauen ihre ersten Filmkonzepte wie zum Beispiel Film No. 1 (Match Piece) auch auf den bekannten „Instructions“, schriftlichen Handlungsanweisungen, auf.
Im Gegensatz zu Onos filmischem Schaffen, bei dem sie als Künstlerin im Mittelpunkt steht, wird sie als Musikerin meist nur in Zusammenhang mit BeatlesSänger und -Gitarrist John Lennon erwähnt. Dabei produzierte sie bereits Ende der 1950er-Jahre experimentelle Musik.
Mit ihrer modulationsreichen Stimme unterstützte sie John Cage 1962 bei seiner Performance Music Walk. Während sie sang, legte sie sich mit dem Rücken auf die Klaviersaiten eines Konzertflügels und veränderte mit ihrem Körper zusätzlich den Klang. Obwohl Ono eine Ausbildung in klassischer Liedkunst genossen hatte, war sie keine Musikerin im traditionellen Sinn. Vielmehr setzte sie ihre Stimme als Instrument ein, etwa in Voice Piece for Soprano (1961). John Lennon, den Ono 1969 heiratete, verglich ihre Stimme mit einer „sixteen track voice“.
Mit Woman is the Nigger of the World kreierten die beiden auch einen für die 1960er-Jahre typischen, die Unterdrückung der Frauen kritisierenden Protestsong. Bei einem Konzert mit Free Jazzer Ornette Coleman hört man statt des Saxofons Onos orgiastisches Stöhnen.
Knapp 30 Alben hat Yoko Ono bisher veröffentlicht, einer der größten Erfolge war die Kompilation Walking on thin Ice (1992). Musiker wie Peaches, Cat Power und die Flaming Lips haben auf Yes, I’m a Witch (2007) Onos Stücke einem Remix unterzogen, auch Lady Gaga stand mit Ono auf der Bühne. Zuletzt erschien das Album Yokokimthurston (2012).