Schwierige Suche nach wirksamer Therapie
Symptomlinderung, Hormone und Impfung sind Strategien der Ebola-Forschung
Wien/Guinea – Die Chancen stehen nicht gut. Wer als Arzt einen Ebola-Infizierten behandelt, hat wenige Möglichkeiten, dem Patienten zu helfen. Antivirale Medikamente wie Ribavirin sind wirkungslos, bislang kann kein Präparat die Vermehrung der Erreger aufhalten. Dementsprechend bleibt nur die Möglichkeit, den Zustand des Kranken so gut wie möglich zu stabilisieren und zu hoffen, dass sein Immunsystem den Kampf gegen die Keime gewinnt. Die Patienten dehydrieren schnell. Eine umfassende Versorgung mit Wasser und Elektrolyten ist deshalb von entscheidender Bedeutung.
Gegen die einsetzende Koagulopathie (Blutungsneigung) wird die Verabreichung von gerinnungsfördernden Mitteln wie Desmopressin empfohlen. Die Gabe von Schmerz- und Beruhigungsmitteln gilt als Standardmaßnahme. Um sekundäre Infektionen des geschwächten Körpers zu vermeiden, setzen viele Ärzte bei an Ebola erkrankten Personen auch Antibiotika ein.
Ein US-Forscherteam hat im Rahmen einer Serienuntersuchung diverse, längst erprobte Medikamente mit unterschiedlichen Funktionen auf eine mögliche Wirkung gegen Ebolaviren des Zaire-Stamms getestet. Der Hintergrund: Behörden und Militär befürchten, dass die Erreger von infizierten Personen aus Afrika in die USA eingeschleppt werden könnten. Auch eine Verwendung als Biowaffe durch Terroristen oder feindliche Staaten scheint ihnen möglich. Höchste Zeit, sich auf die Suche nach einem Gegenmittel zu machen.
Immunsystem austricksen
Die Experten wurden tatsächlich fündig. Die beiden selektiven Östrogenrezeptormodulatoren Clomiphen und Toremifen zeigten sowohl in Zellkulturen wie auch in Mäusen eine Wirkung gegen Ebola-Erreger ( vgl.: Science Translational Medicine, Bd. 9, 190ra79). Clomiphen wird normalerweise zur Behandlung von Unfruchtbarkeit bei Frauen verabreicht, während Toremifen in der Therapie von metastasierendem Brustkrebs zum Einsatz kommt. Die Präparate sind anscheinend in der Lage, das Eindringen der Erreger in die Wirtszellen zu verhindern. Vermutlich wird die Fusion der Virenhülle mit der Zellmembran blockiert. Die Keime bleiben außen vor und können sich nicht weiter vermehren, weil sie dazu wie alle Viren den Proteinsynthese-Apparat im Inneren von lebendigen Zellen brauchen.
In den vergangenen Jahren haben Wissenschafter auch erste Impfstoffe gegen Ebolaviren und die nah verwandten, ebenfalls hochgefährlichen Marburgviren erprobt. Beide Sorten gehören zu den so genannten Filoviren. Sie sind fadenförmig, ihr Genom besteht aus einzelsträngiger RNA. Eine von den Erregern infizierte Zelle scheidet spezielle Glykoproteine aus, die eine entscheidende Signalkette des Immunsystems unterbrechen. Dadurch können sich die Keime ungehindert im Körper ausbreiten. Der Forscher Thomas Geisbert von der University of Texas hat deshalb zusammen mit einigen Kollegen ein Impfpräparat auf Basis von genetisch modifizierten StomatitisViren entwickelt. Letztere tragen den genetischen Code für Filoviren-Glykoproteine in sich. Zellen nehmen das Genmaterial auf und produzieren anschließend die Eiweißmoleküle als Antigen. Das Immunsystem kommt mit den Glykoproteinen in Kontakt und kann Antikörper dagegen herstellen, ohne dabei eine gefährliche Infektion zu durchlaufen. Bei Tierversuchen an Affen boten die Impfstoffe einen vollständigen Schutz gegen verschiedene Filoviren (vgl. u. a.: PLoS Neglected Tropical Diseases, Bd. 7, e2600). Es bleibt zu hoffen, dass sich diese Ergebnisse bald auf den Menschen übertragen lassen. (deswa) Blutgefäße undicht werden. Gleichzeitig tritt oft eine Koagulopathie auf, wie Esther Sterk erklärt. Die Gerinnungsfähigkeit des Bluts nimmt ab.
Die eindeutige Diagnose einer Ebola-Erkrankung erfolgt über Labortests. Ärzte und Pflegepersonal sollten deshalb bei ihrer Arbeit in entlegenen afrikanischen Regionen immer auf der Hut sein – zu ihrer eigenen Sicherheit. Regelmäßige Desinfektion und die Verwendung von Schutzkleidung, Gummihandschuhen und Atemmasken sind im Umgang mit Ebola-Verdachtsfällen Pflicht. „Wenn man die allgemeinen Vorsorgemaßregeln einhält, ist die Ansteckungsgefahr gering“, sagt Sterk. Im Gegensatz zu Grippeviren sind Ebola-Erreger auch nicht über die Luft übertragbar. Eine TröpfchenInfektion auf kurze Distanz ist allerdings möglich.
Die Mortalitätsrate von Ebola kann bis zu 90 Prozent betragen. Die meisten Betroffenen sterben knapp zwei Wochen nach Auftreten der ersten Symptome. Aber einige Patienten überleben die Erkrankung. Warum sie das Ebolavirus besiegen, ist allerdings noch nicht restlos geklärt. Die ursprüngliche Virendosis spiele mit Sicherheit eine Rolle, meint Sterk, ebenso wie der allgemeine Gesundheitszustand eines Infizier- ten. Für die Angehörigen von Ebola-Patienten bestehe auch nach deren Tod noch Gefahr, betont die Tropenmedizinerin. „Der Leichnam ist voller Viren.“Deshalb müsse auf vielerorts verbreitete Trauerrituale wie Waschungen des Toten verzichtet werden. Eine rasche Verbrennung oder Bestattung in einem fest verschließbaren Leichensack ist am sichersten.
Über die genaue Herkunft der Ebolaviren haben Forscher lange gerätselt. Affen, darunter auch Schimpansen und Gorillas, sind zwar öfter an der Übertragung der Erreger beteiligt gewesen, doch sie sterben selber auch an der Krankheit. Die ursprünglichen Wirte, das so genannte Virenreservoir, scheinen indes große, fruchtfressende Fledermäuse zu sein. Sie sind auch als Flughunde bekannt und kommen in großen Teilen Afrikas vor. Die Tiere tragen die Viren zwar in sich, erkranken aber nicht (vgl. u. a.: BMC Infectious Diseases, Bd. 9, S. 159). Sie bilden gezielt Antikörper und halten die Keime dadurch in Schach. Der Mensch und andere Säuger sind demnach nur Fehlwirte. Die Ebolaviren können sich in ihren Körpern fast ungehindert vermehren. Eine starke Verbreitung in deren Populationen gelingt den Erregern gleichwohl nicht. Dafür töten sie einfach zu schnell.