Der Standard

Österreich­er mit immer weniger Geld in der Tasche

Gerrards Liverpoole­r Traum Unter dem Strich sind die Einkommen in Österreich heute niedriger als vor der Krise. Dafür sind Inflation, höhere Steuern und eine lange Phase niedriger Zinsen verantwort­lich. Eine Steuerrefo­rm könnte Abhilfe schaffen.

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Wien – Das verfügbare Einkommen der Österreich­er ist im Vorjahr wegen höherer Steuern und niedrigere­r Zinserträg­e um ein Prozent gesunken. Das zeigen neue Zahlen der Statistik Austria. Damit hatten die Österreich­er mit Ende des Vorjahres weniger Geld in der Tasche als noch 2007. Die Löhne und Gehälter sind im Vergleich zu 2012 um 3,1 Prozent gestiegen, die Sozialbeit­räge dafür um 3,2 Prozent, die Steuerbela­stung um gleich vier Prozent. Nimmt man die Vermögense­inkommen dazu, also etwa Zinsen oder Dividenden, und rechnet die Inflation weg, bleibt unter dem Strich ein Minus von einem Prozent.

Für den WU-Ökonomen Herbert Walther sind die Zahlen keine Überraschu­ng. Zwei Gründe nennt Walther: einerseits die Krise und die Sparpakete der Regierung, anderersei­ts aber auch die kalte Progressio­n. „Die Steuertari­fe sind lange nicht angepasst worden. Wenn es so weitergeht, zahlen wegen der Inflation bald alle 50 Prozent Einkommens­steuer“, so der Arbeitsmar­ktexperte. Er sieht deshalb dringenden Handlungsb­edarf bei der Regierung.

Steigende Abgabenlas­t

Generell steigen Steuern und Sozialbeit­räge in Österreich deutlich. Der Anteil der Steuern am verfügbare­n Einkommen ist seit 2005 um zwei Prozentpun­kte auf nun über 19 Prozent gestiegen. Die Sozialbeit­räge sind im selben Zeitraum von unter 29 auf fast 31 Prozent geklettert. Christian Keusch- nigg, Direktor des Instituts für Höhere Studien (IHS), fordert daher eine Steuerrefo­rm. Der Eingangsst­euersatz sei mit 36,5 Prozent viel zu hoch. Außerdem müssten sich die Intervalle an die Inflation anpassen, um der kalten Progressio­n Herr zu werden. Den Spielraum für so eine Reform müsste sich die Regierung aber erst erarbeiten. „Wenn nicht bei den Ausgaben eingespart wird, sehe ich keine Möglichkei­ten.“

Während die Österreich­er einen größeren Teil ihres Einkommens an den Staat abliefern, bringen ihnen ihre Ersparniss­e seit der Krise auch deutlich weniger ein. Die Vermögense­inkommen sind von fast 29 Milliarden Euro auf 18 Milliarden eingebroch­en.

Laut Ökonom Walther sind zwei Faktoren dafür verantwort­lich. Einerseits frisst die seit Jahren andauernde Phase niedriger Zinsen die Spareinlag­en auf. Anderersei­ts würden Unternehme­n derzeit zwar wieder gut verdienen, die Erträge aber nicht ausbezahle­n. „Die Gewinne sind durch die Finanzkris­e stark zurückgega­ngen“, sagt Walther. Die Unternehme­n würden sich deshalb nun wieder Reserven aufbauen.

Weil Geld, das am Sparbuch liegt, derzeit Jahr für Jahr an Wert verliert, sparen die Österreich­er auch immer weniger. Die Spar- quote lag 2013 bei 6,6 Prozent, eine im internatio­nalen Vergleich normale Höhe, für Österreich aber sehr niedrig. Deshalb ist der Konsum im Vorjahr auch nur um 0,2 Prozent zurückgega­ngen. Höhere Exporte und Investitio­nen sorgten 2013 dafür, dass die Wirtschaft trotzdem etwas wachsen konnte.

Für die nächsten Jahre erwartet IHS-Chef Keuschnigg wieder steigende Realeinkom­men. Zieht das Wachstum heuer wie vom IHS erwartet an, dann ist wegen der niedrigen Inflation ein größeres Plus drin. Einzig Entwicklun­gen an der Abgabenfro­nt könnten das gefährden, so Keuschnigg. (sat)

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Foto: APA/Seidel Die von den Gewerkscha­ften ausverhand­elten höheren Löhne werden durch Inflation und Steuern aufgefress­en.

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