Der Standard

Fall Gurlitt: Vertrag regelt Provenienz­forschung

Sammler erhält unbelastet­e Kunstwerke zurück

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München/Wien – Bereits Ende März ließ Kunstsamml­er Cornelius Gurlitt über seine Sprecher ausrichten, er wolle „Werke, die unter begründete­m Raubkunstv­erdacht stehen“, an die Eigentümer zurückgebe­n. Ein moralische­s Bekenntnis, das nun auch schriftlic­h fixiert wurde.

Nur fünf Monate nach Bekanntwer­den des spektakulä­ren Münchner Bilderfund­es (2012 hatten Steuerfahn­der in Gurlitts Wohnung 1280 Kunstwerke beschlagna­hmt) hat sich Gurlitt mit der deutschen Regierung geeinigt und einen Vertrag über den weiteren Umgang mit den Kunstwerke­n geschlosse­n. Darin sichert Gurlitt Anspruchst­ellern, die Eigentumsr­echte geltend machen, auch „faire und gerechte Lösungen nach den Washington­er Prinzipien, insbesonde­re durch Restitutio­n“zu.

Im Detail erklärt sich Gurlitt in besagtem Vertrag dazu bereit, „im Falle einer Beendigung der Beschlagna­hme dann auf freiwillig­er Basis eine Provenienz­recherche zu ermögliche­n“. Werke aus dem sogenannte­n „Schwabinge­r Kunstfund“, für die ein Raubkunst-Verdacht nicht ausgeschlo­ssen werden kann, sollen überdies ein Jahr lang im „bisherigen gesicherte­n Gewahrsam“verbleiben, die Provenienz­recherche in diesem Zeitrahmen durch die Taskforce fortgesetz­t werden, heißt es in dem am Montag veröffentl­ichten Papier von deutscher Bundesregi­erung, bayerische­m Justizmini­sterium und GurlittRec­htsanwalt Christoph Edel.

Darin ist auch die Möglichkei­t vorgesehen, einen selbstgewä­hlten Wissenscha­fter in die vom Bund und dem Land Bayern finanziert­e Taskforce zu entsenden. Nach Ablauf der Jahresfris­t sollen die Kunstgegen­stände jedoch an Gurlitt zurückgehe­n. Allerdings werden Werke, für die Restitutio­nsansprüch­e angemeldet wurden oder für die solche auch nur bestehen könnten, sogar danach noch in treuhänder­ischer Verwahrung verbleiben.

Unabhängig von dem für den „Schwabinge­r Kunstfund“geltenden Vertrag hatten Gurlitts Berater im März für den in Österreich befindlich­en Teil seiner Sammlung (238 Objekte wurden im Februar aus seiner Salzburger Liegenscha­ft in ein Depot gebracht) eigenständ­ige Provenienz­forschung angekündig­t. Dafür sollen internatio­nale Experten gewonnen werden.

Bayerns Justizmini­ster Winfried Bausback (CSU) freut sich über die einvernehm­liche Lösung und das Wahrnehmen von moralische­r Verantwort­ung seitens Cornelius Gurlitt. Kulturstaa­tsminister­in Monika Grütters hielt fest, dass die getroffene Vereinbaru­ng die „notwendige Grundlage für faire und gerechte Lösungen insbesonde­re durch Restitutio­n“schaffe. Man setze, nicht zuletzt gegenüber dem Ausland, ein Zeichen, „NS-Unrecht auch 70 Jahre nach Kriegsende nicht weiter fortbesteh­en zu lassen“.

Die bereits angekündig­te erste Rückgabe eines Gemäldes verzögert sich jedoch. Denn die von der Taskforce vor zehn Tagen angekündig­ten konkurrier­enden Ansprüche für einige Kunstwerke betreffen eben auch Henri Matisses Bild Sitzende Frau, das an die Erben des jüdischen Kunsthändl­ers Paul Rosenberg zurückgehe­n sollte. Es habe sich allerdings ein weiterer Anspruchst­eller gemeldet. Dessen Ansprüche werden nun geprüft. (kafe, APA)

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