Ein Banner verkündet die „Republik Donezk“
In der ostukrainischen Metropole Donezk versuchten Vertreter der Kiewer Regierung am Dienstag Verhandlungen mit den Besetzern des Gouverneurssitzes aufzunehmen. Deren Herkunft blieb zunächst im Dunkeln.
Vor dem besetzten Amtssitz des Gouverneurs in Donezk sind meterhoch Autoreifen gestapelt. Über den Eingang ist ein großes schwarz-blau-rotes Banner gespannt, mit der Aufschrift „Republik Donezk“. Männer mit Sturmmasken versperren den Weg. An der rechten Seite des Sowjetbaus prangt das Graffito Rossija (Russland).
Trotz der strengen Bewachung gehen ständig Leute ein und aus. Aber keiner der Männer will mit ausländischen Journalisten reden. Eine prorussische Aktivistin um die 50, die sich Alla nennt, macht nach eigenen Worten Küchendienst, damit „die Burschen auch vernünftig verpflegt werden“. Woher sie stammt, will sie genauso wenig verraten, wie wer hinter den Protesten steht.
Ein Reporter des lokalen Internetportals Nowosti Dobass erklärt, dass die Wachen gestern noch russische TV-Teams ins Gebäude gelassen hätten. Zudem hätten sich Vertreter der ukrainischen Regierung am Vormittag in dem Gebäude umgeschaut und Fotos von verwüsteten Büros veröffentlicht. Auch das Büro des Gouverneurs Sergej Taruta wurde geplündert.
Am Nachmittag versammeln sich Schaulustige und einige Demonstranten vor dem besetzten Gebäude. Igor ist Rentner und stammt aus der Region Donezk, er ist zurzeit auf Besuch bei seinem Sohn, sagt er. „Ich bin gegen diese Unordnung, wir sind Ukrainer, und so soll es auch bleiben“, ruft der Mann. Er verstehe nicht, wer hinter dem ganzen Chaos stehe.
Besuch eines Oligarchen
Mit dieser Meinung steht er nicht allein da. Auch der reichste Mann der Ukraine, der Donezker Oligarch Rinat Achmetow, will Ruhe. In der Nacht auf Dienstag ging er zu den Separatisten in das besetzte Gebäude. Zuvor hatte er mit Vizepremier Witali Jarema und offenbar auch mit Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko gesprochen. Beide Politiker waren am Montag überraschend nach Donezk gekommen.
Der Milliardär wurde feindselig empfangen. Ein ukrainischer TVJournalist berichtet von einem Gespräch, „in dem reihenweise Schimpfwörter ausgetauscht wurden“. Achmetow riet den Separatisten, mit der Kiewer Regierung und der regionalen Führung zu verhandeln. Sei seien „nicht berechtigt, unerfüllbare Forderungen oder Ultimaten zu stellen.“
Der Donezker Bürgermeister Alexander Lukjantschenko vertritt die gleiche Linie. Vor Medien- vertretern sagt er, er habe Informationen darüber, dass die Mehrheit der Separatisten nicht aus Donezk stamme. Die meisten seien „Ausländer“. An den vergangenen Wochenenden seien immer wieder Fremde gekommen, um für Föderalisierung, Abspaltung und Referenden zu protestieren.
Zwar habe das ebenfalls von Separatisten besetzte Gebäude des Regionalbüros des Geheimdienstes (SBU) in der Nacht von einem Sondereinsatzkommando geräumt werden können, jedoch sei- en Waffen und wichtige Unterlagen offenbar in die Hände der Besetzer gefallen. Nur ein Teil der Männer wurde bei dem Angriff festgenommen, die meisten seien in den besetzten Amtssitz des Gouverneurs geflüchtet, heißt es.
Am Nachmittag meldet das Bürgermeisteramt, ein Krisenstab bereite Gespräche mit den Besatzern vor. Andere Quellen berichten, dass sich im Gebäude der Regionalverwaltung ein „Volksrat“gebildet habe, außerdem hätten die Separatisten einen Übergangsgou- verneur ernannt. Am 11. Mai solle es ein Referendum über den Anschluss an Russland nach dem Vorbild der Krim geben. Die Besatzer würden die Übergangsregierung in Kiew nicht anerkennen und die Freilassung ihrer Mitglieder, vor allem ihres Anführers Pawel Gubarjew, fordern. Der Mann ist russischer Staatsbürger und wurde am 6. März in Donezk bei Zusammenstößen mit der Polizei verhaftet. Er gilt als Anführer der paramilitärischen Gruppe „Donezker Volksmiliz“.