„Die Neos sind ein moderner Männerklub“
Klubobfrau Kathrin Nachbaur gibt im Interview bekannt, dass das Team Stronach bei der EU-Wahl nicht antritt. Zudem kündigt sie Frank Stronachs Comeback in der Steiermark an. Mit ihr sprach Katrin Burgstaller.
Standard: Ende dieser Woche müssen die Listen für die EU-Wahl eingereicht werden. Haben Sie schon eine Entscheidung getroffen? Nachbaur: Wir werden nicht bei der EU-Wahl antreten. Jeder weiß, dass wir in letzter Zeit personelle Schwierigkeiten durchlaufen haben. Für mich ist das Jahr 2014 das Jahr der Konsolidierung. Wir konzentrieren uns auf die Landtagswahlen 2015 und auf die nächsten Nationalratswahlen. Standard: Hat Ihr Nichtantreten wirklich nur personelle Gründe? Nachbaur: Personelle Gründe insofern, als gewisse Rochaden das Team vor allem in der Wahrnehmung nach außen geschwächt haben. Es hat Vor- und Nachteile, wenn ein Milliardär auftaucht, der spendabel ist. Der Vorteil liegt auf der Hand. Der Nachteil: Er hat sehr viele Leute angezogen wie die Mücken das Licht. Sie haben gedacht, sie bekommen den besten Scheck ihres Lebens. Das ist der falsche Grund, sich zu engagieren. Standard: Die Umfragen lassen darauf schließen, dass das Team Stronach nicht genügend Stimmen erhalten würde, um überhaupt ins EU-Parlament einzuziehen. Wollen Sie diese Niederlage meiden? Nachbaur: Man muss realistisch sein, ich kenne auch unsere Umfragewerte. Für uns ist es wichtig, die Ressourcen sinnvoll einzusetzen. Das EU-Parlament ist doch ein zahnloser Apparat. Es gibt ein gewaltiges Demokratiedefizit, daher auch das geringe Interesse für die EU-Wahl bei den Bürgern. Mit drei, vier oder fünf Personen kann man kaum etwas bewegen. Standard: Sie kennen beispielsweise die große Debatte um die Saatgutverordnung, die das EU- Parlament abgelehnt hat. Man kann doch nicht sagen, dass egal ist, was im EU-Parlament passiert. Nachbaur: Es kam zu einem nationalen Aufruhr, die Menschen haben etwas bewegt, ein oder zwei Personen im EU-Parlament waren nicht ausschlaggebend. Das EUParlament ist zahnlos. Standard: Dem Team Stronach könnte man auch vorwerfen, es sei nicht an Europapolitik interessiert. Nachbaur: Das mag sein, dass man uns das vorwirft, aber für mich ist klar: Wir haben eine kurze, aufregende Geschichte. Wir starten durch mit den Themen, die für uns die allerwichtigsten sind. Das sind für uns klar Unternehmer, Selbstständige, deren fleißige Mitarbeiter, alle Leistungsträger der Gesellschaft. Die werden ausgezogen und ausgepresst wie eine Zitrone. Standard: Hätten Sie Abgeordnete im EU-Parlament, hätten Sie auch Zugang zu vielen wichtigen Informationen. Wie wollen Sie diesen sicherstellen? Nachbaur: Ich bin in sehr gutem Kontakt mit Hans Olaf Henkel, der Nummer zwei in der „Alternative für Deutschland“. Ich halte sehr viel von der Bewegung, und ich glaube, dass ich da an viele wichtige Infos herankommen kann. Standard: Sie verstehen sich als „Anwältin des Mittelstandes“. Was meinen Sie damit? Nachbaur: Wir haben bereits viele Anträge im Parlament eingebracht, die im Sinne unserer Leistungsträger sind. Damit meine ich konkret die vielen Selbstständigen, die Familienbetriebe und natürlich auch die großen Unternehmen. Dass es uns gut geht, verdanken wir nicht den Politikern, sondern einzig und allein den arbeitenden Menschen. Die sozialistische Umverteilungspolitik führt dazu, dass jene, die es sich leisten können, ihre Sachen packen und woanders ein Unternehmen aufbauen. Weil die Lohnnebenkosten, die Energiekosten zu hoch sind oder sie Angst haben müssen, dass das Arbeitsinspektorat kommt und sie wegen formalistischer Details quält. Standard: Bis auf die Beteiligung der Arbeiter gibt es viele Parallelen zu ÖVP und Neos. Wo sehen Sie die Unterschiede? Nachbaur: So wie die ÖVP früher war, da hat es tatsächlich sehr viel Überschneidungen gegeben. Aber die ÖVP ist längst zu einer neuen sozialistischen Partei geworden. Was die Neos anlangt, gibt es erfreulicherweise tatsächlich viele Überschneidungen. Wir sind uns aber nicht in allen Fragen einig. Ich bin weder für die Freigabe von Drogen noch dafür, dass der Staat bei vielen Unternehmen Kernaktionär bleiben muss. Standard: Sind diese Feinheiten den Wählern so einfach verständlich zu machen? Nachbaur: Ich glaube, dass das gut ist und dass man sich im Laufe der Zeit abgrenzen muss. Wir haben in der Führungsriege der Partei mehr als die Hälfte Frauen, ebenso sind fast die Hälfte der Abgeordneten Frauen. Die Neos sind ein moderner Männerklub. Standard: Hat sich Frank Stronach überlegt, die Sammlung Essl zu kaufen? Nachbaur: Meines Wissens hat er sich das nicht überlegt. Aber es ist völlig absurd, dass man darüber nachgedacht hat, das mit Steuergeld zu finanzieren. Es kann nicht sein, dass immer der Staat hüpfen soll. Das geht den Staat überhaupt nichts an. Wenn ein Unternehmen nicht gut geführt ist und immer Verluste macht, muss es in Insolvenz gehen. Standard: Zur Causa prima des Landes, der Hypo, und der Forderung nach einem U-Ausschuss: Das Team Stronach begehrt den Vorsitz. Was machen Sie besser als die anderen Fraktionen? Nachbaur: Von den Oppositionsparteien haben wir versucht, am konstruktivsten sein. Es gibt nicht viele Kollegen im Nationalrat, die sich mit der Hypo wirklich auseinandergesetzt haben. Manche wissen auch nicht, welche Zahlen bei einer Bilanz auf der linken und auf der rechten Seite stehen. Standard: Das sind harte Worte. Nachbaur: Die Frage ist: Wie weit reißt man den Mund auf, wenn man in der Sache so seicht ist? Man sollte sich eher zu jenen Themen zu Wort melden, wo man fundierte Kenntnisse hat. Standard: Ist Frank Stronach noch in die Parteiagenden involviert? Nachbaur: Wir telefonieren fast jeden Tag, er weiß Bescheid. Besonders möchte er sich wieder nächstes Jahr bei den Landtagswahlen in der Steiermark einbringen. Standard: Als Spitzenkandidat? Nachbaur: Sagen wir es so: Er wird das Team sehr unterstützen. KATHRIN NACHBAUR (35), Juristin, ist seit Herbst 2013 Klubobfrau des Teams Stronach.
des Interviews auf derStandard.at/Inland