Neuer Anlauf für die Nebenbahnen
Andere Länder, andere Bahn-Sitten: Nach eineinhalb Jahren Funkstille wollen Oberösterreich und der Bund wieder die Übergabe der Nebenbahnen verhandeln. In Niederösterreich, wo die regionalen Bahnen schon Ländersache sind, geht es nur noch um Teilstrecken.
Linz / St. Pölten – Kurz nach Ostern sollen die Verhandlungen über die Nebenbahnen zwischen Infrastrukturministerin Doris Bures (SPÖ) und dem Land Oberösterreich wiederaufgenommen werden. Fast eineinhalb Jahre herrsch- te Funkstille. Oberösterreich weigerte sich, dem Beispiel Niederösterreich zu folgen und vier Nebenbahnen und damit 220 marode Streckenkilometer zu übernehmen. Für Landeshauptmann Josef Pühringer (ÖVP) stimmten die Voraussetzungen nicht.
Diese haben sich zumindest aus Sicht des Landes seit 2012 geän- dert. Auch wenn der Landtag im März dieses Jahres einstimmig für den Erhalt der vier eingleisigen Regionalbahnen gestimmt hat, zeigt das Land lediglich an zwei Interesse. So wolle laut Verkehrslandesrat Reinhold Entholzer (SPÖ) Oberösterreich nur die Mühlkreis- und die Aschacher Bahn übernehmen. Bei der Mühlkreisbahn gibt es Sanierungspläne schon seit Jahren. Derzeit favorisierte Variante: eine sogenannte „Regio-Tram“.
Diese Schmalspurbahn stößt jedoch in den Mühlviertler Gemeinden auf Ablehnung. Sie fordern, dass die modernen Desiro-Nah- verkehrszüge der Bahn bis ins Obere Mühlviertel fahren. Entschieden ist bisher noch nichts. Und was die Zukunft der Aschacher Bahn betrifft, will das Land eine „strategische Zusammenarbeit mit einem Partner“, heißt es aus seinem Büro. Konkret denkt Entholzer an die Verkehrsgesellschaft Stern und Hafferl aus Gmunden, die etwa die Linzer Lokalbahn betreibt.
Bei der Almtal- und der Hausruckbahn sei hingegen derzeit nicht an eine Übernahme gedacht. Allerdings, so das Verhandlungsangebot an den Bund, wäre das Land bereit, bei der dringend notwendigen Streckenmodernisierung mitzuzahlen.
Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer bestätigt im Standard- Gespräch sowohl den nachösterlichen Termin im Infrastrukturministerium als auch „den Erhalt aller vier Bahnen“. Aber: „Was wir zahlen, hängt von den Angeboten des Bundes ab.“
Teilerfolg nach Protesten
Auch in Niederösterreich werden anscheinend die Weichen für zwei umkämpfte Nebenbahnen neu gestellt. Nach monatelangen Protesten haben die Befürworter der Erhaltung der Ybbstalbahn im Mostviertel einen Teilerfolg errungen. Wie berichtet, ist seit der Übernahme durch die Niederösterreichische Verkehrsorganisationsgesellschaft (Növog) nur mehr der kurze Abschnitt zwischen Waidhofen und Gstadt als Citybahn im Regelbetrieb. Zwischen Göstling und Kienberg ist der Öt- scherland-Express für Touristen unterwegs. Um den Großteil der alten Strecke dazwischen wird seit Jahresbeginn heftig gestritten. Als der Abbau der Geleise begann, stiegen die Ybbstalbahnfans buchstäblich auf die Barrikaden.
Nun gibt es einen ersten Kompromiss, wonach die Teilstrecke von Waidhofen/Ybbs über Gstadt hinaus nach Ybbsitz als Touristenbahn erhalten bleiben soll. Das hat der Bürgermeister von Lunz am See, Martin Ploderer, der gleichzeitig auch der Obmann der „Konkurrenten“vom Fahrradwegverein ist, zugesichert. Im Gegenzug erwarte er aber die Zusage, dass die Gleisabtragsarbeiten an anderer Stelle „nicht weiter behindert werden“. Ob sich damit die Befürworter der Ybbstalbahn zufriedengeben, steht noch nicht fest. Eigentlich geht es ihnen um die Erhaltung der Strecke nach Süden zumindest bis Opponitz oder Hollenstein.
Rund 30 Kilometer weiter östlich scheint der Kampf von mehreren Vereinen um die Wiederbelebung der „Krumpe“, einer Nebenstrecke der Mariazellerbahn, verloren. Das Land Niederösterreich hat ein vorgelegtes Konzept für einen Touristenbetrieb auf der Schmalspurbahn, das den Gemeinden wesentlich billiger käme als der angedachte Neubau eines Radweges, abgeschmettert. Da aber die Schienen noch nicht herausgerissen sind, haben die Fans der „Krumpe“von Obergrafendorf bis Mank die Hoffnung noch nicht ganz aufgegeben.