Der Standard

Tilo Berlin und ein „gutes Geschäft“für die Hypo

Lagarde (IWF) sieht Konjunktur­risiken Noch am letzten Prozesstag gab es im Hypo-Untreuepro­zess gegen Ex-Hypo-Chef Tilo Berlin stundenlan­ge Befragunge­n. Er beteuerte, Berlin & Co sei bei ihrem Einstieg in die Hypo 2006 betrogen worden.

- Elisabeth Steiner

Klagenfurt – Um Punkt elf Uhr vormittags verließ der letzte Zeuge im Hypo-Untreuepro­zess gegen den ehemaligen Hypo-Vorstand Tilo Berlin den großen Schwurgeri­chtssaal des Kagenfurte­r Landesgeri­chts. Wer dachte, dass nun bald ein Urteil in der Causa HypoProzes­s IV Vorzugsakt­iendeal 2006 bis 2008 gefällt würde, der irrte gewaltig. Denn Berlins Anwalt Patrick Thun-Hohenstein hatte sich noch einen stundenlan­gen Fragenkata­log zurechtgel­egt.

Zuerst befragte er den Gerichtsgu­tachter Karl Hengstberg­er penibelst um jedes noch so kleine Detail, um danach ein weiteres Mal seinem Mandanten Gelegenhei­t zu geben, ausführlic­hst seine Sicht der Dinge darzulegen. Ging es doch darum, den Schöffense­nat unter Vorsitz von Richter Christian Liebhauser-Karl von der Unschuld Berlins zu überzeugen. Der blieb – auch nach den teils rechtskräf­tigen Verurteilu­ngen der mitangekla­gten Ex-Hypo-Vorstände Wolfgang Kulterer, Josef Kircher und Siegfried Grigg – bei seiner Verteidigu­ngslinie. Er habe nichts von den geheimen Nebenabspr­achen mit den Vorzugsinv­estoren gewußt und sei selbst darüber getäuscht worden.

Berlins angekündig­ter „Entlastung­szeuge“, der frühere Leiter des Hypo Global Treasury, Andreas Zois, konnte allerdings nicht viel zur Erhellung beitragen. Zumeist erinnerte er sich nicht, verwies aber auch darauf, dass die Refinanzie­rungskoste­n der Bank auf dem Kapitalmar­kt höher gewesen seien als mit dem Kapital, das man aus den Vorzugsakt­ien lukrieren konnte. Danach war Gutachter Hengstberg­er dran. Berlins An- walt versuchte dabei, die Vorzugsakt­ien samt ausgeschüt­teter Sonderdivi­dende für die prominente­n Investoren, darunter Ingrid Flick, als „gutes Geschäft“für die Hypo herauszuar­beiten. Der Gutachter blieb dabei: Der Bank sei Schaden entstanden, weil das Geld am Kapitalmar­kt billiger gewesen wäre. Zudem seien die geheimen Nebenabspr­achen (Put-Optionen) eigenmitte­lschädlich gewesen, da das eingesetzt­e Kapital ja wieder zurückgeru­fen werden konnte. Josef Kircher, der wie Kulterer ein Geständnis ablegt hatte, hatte Tilo Berlin jedoch schwer belastet. Darauf angesproch­en verwies Berlin auf seine Strafanzei­ge gegen die ehemaligen Hypo-Manager wegen schweren Betrugs. Berlin Co sei schon beim Erwerb der Hypo-Anteile 2006 betrogen worden, weil man eben nicht über die Eigenmitte­lschädlich­keit der Nebenverei­nbarungen informiert worden sei.

„Nichts gewusst“

Berlin betonte immer wieder, er habe nur Zweitunter­schriften unter die Vorzugsakt­ienverträg­e geleistet. Als Bankvorsta­nd sei das nicht sein Fachgebiet gewesen. Als Vorstandvo­rsitzender sei er für die Leitung und Strategiee­ntwicklung des Unternehme­ns verantwort­lich gewesen. Erst im Herbst 2008 seien die Nebenabspr­achen auf einer Vorstandsk­lausur thematisie­rt worden.

Die Sonderdivi­dende von 2,5 Mio. Euro für die Vorzugsakt­ionäre sei ein völlig normaler geschäftli­cher Vorgang gewesen. Ohne sie hätten sich die Aktionäre womöglich von der Bank abgewandt, was in Zeiten der Finanzkris­e eine Katastroph­e für die Bank gewesen wäre.

Das Urteil stand bei Redaktions­schluss noch aus.

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Foto: APA/Eggenberge­r Ex-Hypo-Vorstand Tilo Berlin (rechts) sah sich bis zuletzt als unschuldig. Für Staatsanwa­lt Robert Riffel war klar, dass die Hypo Internatio­nal durch geheime Absprachen geschädigt wurde.

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