Tilo Berlin und ein „gutes Geschäft“für die Hypo
Lagarde (IWF) sieht Konjunkturrisiken Noch am letzten Prozesstag gab es im Hypo-Untreueprozess gegen Ex-Hypo-Chef Tilo Berlin stundenlange Befragungen. Er beteuerte, Berlin & Co sei bei ihrem Einstieg in die Hypo 2006 betrogen worden.
Klagenfurt – Um Punkt elf Uhr vormittags verließ der letzte Zeuge im Hypo-Untreueprozess gegen den ehemaligen Hypo-Vorstand Tilo Berlin den großen Schwurgerichtssaal des Kagenfurter Landesgerichts. Wer dachte, dass nun bald ein Urteil in der Causa HypoProzess IV Vorzugsaktiendeal 2006 bis 2008 gefällt würde, der irrte gewaltig. Denn Berlins Anwalt Patrick Thun-Hohenstein hatte sich noch einen stundenlangen Fragenkatalog zurechtgelegt.
Zuerst befragte er den Gerichtsgutachter Karl Hengstberger penibelst um jedes noch so kleine Detail, um danach ein weiteres Mal seinem Mandanten Gelegenheit zu geben, ausführlichst seine Sicht der Dinge darzulegen. Ging es doch darum, den Schöffensenat unter Vorsitz von Richter Christian Liebhauser-Karl von der Unschuld Berlins zu überzeugen. Der blieb – auch nach den teils rechtskräftigen Verurteilungen der mitangeklagten Ex-Hypo-Vorstände Wolfgang Kulterer, Josef Kircher und Siegfried Grigg – bei seiner Verteidigungslinie. Er habe nichts von den geheimen Nebenabsprachen mit den Vorzugsinvestoren gewußt und sei selbst darüber getäuscht worden.
Berlins angekündigter „Entlastungszeuge“, der frühere Leiter des Hypo Global Treasury, Andreas Zois, konnte allerdings nicht viel zur Erhellung beitragen. Zumeist erinnerte er sich nicht, verwies aber auch darauf, dass die Refinanzierungskosten der Bank auf dem Kapitalmarkt höher gewesen seien als mit dem Kapital, das man aus den Vorzugsaktien lukrieren konnte. Danach war Gutachter Hengstberger dran. Berlins An- walt versuchte dabei, die Vorzugsaktien samt ausgeschütteter Sonderdividende für die prominenten Investoren, darunter Ingrid Flick, als „gutes Geschäft“für die Hypo herauszuarbeiten. Der Gutachter blieb dabei: Der Bank sei Schaden entstanden, weil das Geld am Kapitalmarkt billiger gewesen wäre. Zudem seien die geheimen Nebenabsprachen (Put-Optionen) eigenmittelschädlich gewesen, da das eingesetzte Kapital ja wieder zurückgerufen werden konnte. Josef Kircher, der wie Kulterer ein Geständnis ablegt hatte, hatte Tilo Berlin jedoch schwer belastet. Darauf angesprochen verwies Berlin auf seine Strafanzeige gegen die ehemaligen Hypo-Manager wegen schweren Betrugs. Berlin Co sei schon beim Erwerb der Hypo-Anteile 2006 betrogen worden, weil man eben nicht über die Eigenmittelschädlichkeit der Nebenvereinbarungen informiert worden sei.
„Nichts gewusst“
Berlin betonte immer wieder, er habe nur Zweitunterschriften unter die Vorzugsaktienverträge geleistet. Als Bankvorstand sei das nicht sein Fachgebiet gewesen. Als Vorstandvorsitzender sei er für die Leitung und Strategieentwicklung des Unternehmens verantwortlich gewesen. Erst im Herbst 2008 seien die Nebenabsprachen auf einer Vorstandsklausur thematisiert worden.
Die Sonderdividende von 2,5 Mio. Euro für die Vorzugsaktionäre sei ein völlig normaler geschäftlicher Vorgang gewesen. Ohne sie hätten sich die Aktionäre womöglich von der Bank abgewandt, was in Zeiten der Finanzkrise eine Katastrophe für die Bank gewesen wäre.
Das Urteil stand bei Redaktionsschluss noch aus.