Ruf nach Steuerreform: Koalition legt sich nicht fest
Ein strukturelles Defizit von 1,3 Prozent: Diese Latte legt der Ministerrat für 2014. Steuersenkung ist keine inkludiert, selbst die Reformkommission lässt auf sich warten. Die Gemeinden sehen sich finanziell am Limit.
Wien – Der Ruf ertönt von links bis liberal, von der Gewerkschaft bis zur Industriellenvertretung, doch die Regierung gibt sich bei ihrem Prestigeprojekt in spe defensiv. Weder SPÖ noch ÖVP wollten sich nach dem Ministerrat am Dienstag eine konkrete Zusage für eine Steuerreform abringen. „Wenn es sich rechnerisch ausgeht“nannte Finanzminister Michael Spindelegger (VP) als Zeitpunkt. Soll heißen: Konjunktur und Budget müssten so stabil sein, dass eine Senkung der Steuern auf Arbeit leistbar ist – und das sei derzeit nicht der Fall. Wer da den „Stein der Weisen“finde, sagt Spindelegger, solle sich melden.
Die SPÖ könnte das glatt tun, denn sie glaubt in der Gegenfinanzierung durch eine Steuer auf Vermögen ab einer Million einen solchen gefunden zu haben. Allerdings vertraut Kanzler Werner Faymann nicht zur Gänze auf die erhofften Erlöse, sondern nennt ebenfalls gutes Wachstum als Grundvoraussetzung.
Ein Reformplan soll bis Jahresende vorliegen, doch die Arbeit ist bereits in Verzug. Laut Regierungsprogramm sollte sich die mit Experten, Sozialpartnern und Politikern besetzte Reformkommission schon bis Ende Jänner formieren, aber nun hat das derzeit verhandelte Budget für 2014/15 Vorrang. Vor dem Beschluss am 23. Mai ist in puncto Steuern mit keinem Fortschritt zu rechnen.
Auf dem Weg dorthin beschloss der Ministerrat einen „restriktiven Budgetvollzug“: Trotz Hypo soll das Defizit heuer nicht über drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes klettern. Das entspräche einem strukturellen, also um Konjunktureinflüsse bereinigten Minus von 1,3 Prozent, womit noch 0,8 Prozent – knapp 2,6 Milliarden – auf das Ziel des Nulldefizits 2016 (maximal 0,5 Prozent) fehlten.
Auch Länder und Gemeinden sollen sparen, doch Letztere sehen sich am Limit. Zwar verbuchen die Kommunen in Summe einen Überschuss, aber seit 2007 ist der Spielraum für Investitionen geschrumpft (siehe Grafik). „Die Frage ist, wann wir uns die Butter am Brot nicht mehr leisten können“, klagt der Städtebund.
Kostentreiber seien Beiträge für Spitäler und Sozialhilfe sowie die Kinderbetreuung. Forderung: Eine für die Gemeinden lukrative Reform – also Aufbesserung – der Grund- und Grunderwerbsteuer. Erstere ist für irgendwann versprochen, Letztere wird gerade verabsäumt. (jo, APA)