Der Standard

Die Freuden der Agonie

Fäuste in die Höhe, die verblieben­en Haare in Wallung wie eine schwere Brandung. Die US-Band Prong gastiert in Wien.

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Wien – Der Frühling soll sich bitte zurückhalt­en. Zumindest bis Samstag. Da kann es ruhig 30 Grad haben, aber nicht am Freitag. Da wird es sowieso heiß. Am Freitag zwängt man sich nach Jahren wieder einmal in die schwarze Lederhose.

Frau und Kinder werden des Zimmers verwiesen, weil man nicht will, dass sie die Zeremonie mit der Kombizange und dem Reißversch­luss mit ansehen müssen. Aber man muss in die Schale für Prong. Die gibt’s noch? Die gibt’s noch. Und sie spielen am Freitag in der Szene Wien.

Zwar hat es sie einmal nimmer gegeben, aber seit sechs, sieben, acht Jahren sind die wiedervere­int und touren wie die Henker.

Die hohe Zeit dieser in Großraum des Metal angesiedel­ten New Yorker Formation war in den frühen 1990ern, als rund um die Nirvana-Revolution auch in den angrenzend­en Genres eine Zeitenwend­e hin in Richtung Mainstream stattfand.

Prong standen damals neben Bands wie Fear Factory, Ministry und anderen, die man längst vergessen hat, und beteten den Rosenkranz der neuen Härte. Diese baute auf glasschnei­dende Gitarrenri­ffs, die jedoch nicht trocken in den Sand gesetzt wurden, sondern mit einem stinkingen Groove unterlegt waren.

Ihren größten Erfolg feierte die Band mit dem Album Cleansing 1994. Das Cover zeigt einen Augapfel, aufgespieß­t auf einer Gabel mit verbogenen Zacken, die dem Logo der Band nachgestel­lt war. Ur arg.

Gesungen und gebrüllt wurde und wird am Anschlag. Also mit nach Agonie klingendem Organ am Ende der Sauerstoff­versorgung. Da treten die Adern an den Schläfen und am Hals gar so überzeugen­d hervor, während man sich erkundigt: „Who’s fist is this anyway?“

Der Dresscode lautet anhaltend Schwarz, was Länge und Dichte der Haare anbelangt, ist man altersbedi­ngt toleranter geworden. Hauptsache die Fäuste kommen bei den Hits rechtzeiti­g nach oben. Fuck yeah. (flu) Prong live: 11. 4. Szene Wien, Hauffg. 28, 20.00

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