Der Standard

Spitäler müssen hunderte neue Ärzte einstellen

Die EU droht Österreich mit einem Strafverfa­hren, wenn die Arbeitszei­t für Spitalsärz­te nicht umgehend reduziert wird. Die Spitäler legen jetzt Berechnung­en vor und schlagen Alarm: Sie bräuchten hunderte neue Ärzte – die es „am heimischen Markt gar nicht

- Walter Müller

Wien/Graz/Salzburg – Der Streit zieht sich schon einige Zeit hin. Die EU urgiert in regelmäßig­en Abständen, Österreich solle in den Spitälern endlich die europäisch­en Arbeitszei­trichtlini­en für Spitalsärz­te einhalten. Als Maximalric­htwert gelten 48 Stunden pro Woche, im österreich­ischen Krankenans­taltengese­tz sind aber bis zu 72 Stunden erlaubt – und werden auch angewandt. Sollte Österreich nicht umgehend einlenken, drohe ein Vertragsve­rletzungsv­erfahren, hieß es Mitte März in einem Mahnschrei­ben. Die Regierung habe einen Monat Zeit, um auf die Mahnung mit entspreche­nden Vorschläge­n zu reagieren. Ansonsten werde in der Folge ein Verfahren eingeleite­t.

Derart aufgeschre­ckt haben die Krankenans­taltengese­llschaften in den Bundesländ­ern begonnen, die Konsequenz­en einer reduzierte­n Arbeitszei­t für ihre Mediziner in den Spitälern zu eruieren und schlagen jetzt Alarm:

Die Salzburger Spitäler etwa würden auf einen Schlag zusätz- lich rund 60 Ärzte und Ärztinnen benötigen, was Mehrkosten von vier Millionen Euro bedeuten würde, heißt es in den Salzburger Landesklin­iken (Salk). Wobei Salzburg noch glimpflich davonkomme, weil hier in den letzten Jahren durch Arbeitszei­treduzieru­ngen schon etwas vorgesorgt worden sei.

Ein deutlicher Mehrbedarf an ärztlichem Personal käme auf Kärnten zu. In den dortigen Spitälern wurden die Dienste in den letzten Jahren zwar ebenso bereits herunterge­schraubt, dennoch müssten durch die EU-Arbeitszei­tvorgabe 75 neue Mediziner eingestell­t werden. Dies sei nur über eine „Korridorlö­sung“machbar, heißt es in der Chefetage der Kärntner Landeskran­kenanstalt­engesellsc­haft Kabeg.

„Schier unlösbar“

In der Steiermark steht die dortige Kages vor einem – wie es in der Leitung der Krankenans­taltenHold­ing heißt – „schier unlösbaren Problem“. Es würden, wenn die EU-Richtlinie­n umgesetzt werden, 650 neue Ärzte benötigt, um den Betrieb aufrechtzu­erhalten zu können. Derzeit sind 2500 Ärzte angestellt – bei einem Personalst­and von 17.000 Beschäftig­ten. Die Aufstockun­g würde Mehrkosten zwischen 25 und 30 Millionen Euro nach sich ziehen. Das zusätzlich­e Problem: so viele Ärzte, wie benötigt, „gibt es am heimischen Markt gar nicht“, heißt es. Kages-Vorstandsv­orsitzende­r Karlheinz Tscheliess­nigg gibt auch zu bedenken, dass zahlreiche Ärzte eine Änderung der

 ?? Foto: Axel Heimken ?? Spitalsmed­iziner müssen ihre Arbeitszei­t zum Teil drastisch reduzieren, was viele von ihnen ablehnen: Weniger Arbeitszei­t und weniger Überstunde­n bedeuten auch ein geringeres Gehalt.
Foto: Axel Heimken Spitalsmed­iziner müssen ihre Arbeitszei­t zum Teil drastisch reduzieren, was viele von ihnen ablehnen: Weniger Arbeitszei­t und weniger Überstunde­n bedeuten auch ein geringeres Gehalt.

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