Der Standard

Räudige Zeichen aneignen

Die Ausstellun­g „All these signs ... Overwritin­g the subject“in der Galerie Raum mit Licht zeigt Arbeiten von Iris Andraschek und Georgia Creimer im Dialog: vom Umwerten sexistisch­er Party-Scherze und den Indizien des Gassigehen­s.

- Christa Benzer

Wien – Es sind im Grunde vollkommen verschiede­ne Phänomene, um die sich die Arbeiten von Iris Andraschek und Georgia Creimer drehen. Allerdings spielen bei beiden der öffentlich­e Raum und dort vorgefunde­ne, ziemlich räudige Zeichen eine wichtige Rolle.

Bei Iris Andraschek handelt es sich dabei um mit wenigen Strichen gekritzelt­e Obszönität­en (Penisse etc.), die die Körper von Jugendlich­en – hauptsächl­ich von Mädchen – bedecken. In der Ausstellun­g sind die Fotos von meist völlig betrunkene­n jungen Frauen, die ursprüngli­ch auf der Webseite 30 Reasons a Girl Should Call It a Night veröffentl­ich wurden, auf einer Art Wandfächer versammelt, der eine gewisse Intimität bietet. Inzwischen ist die Internetse­ite geschlosse­n und auch Iris Andraschek geht sichtlich behutsam damit um, die oft halbnackte­n Frauen abermals – wenn auch in anderem Kontext – zu zeigen.

Wichtiger als die vom Fächer sehr gut behüteten Internet-„Originale“sind eigentlich die Zeich- nungen und Fotografie­n, mit denen Andraschek sich dem Phänomen ohne moralische­n Fingerzeig annäherte. So kamen gemeinsam mit Performeri­nnen fabelhafte­n Aufnahmen zustande: Darauf eignen sich die Darsteller­innen die obszönen Zeichen und Wörter auf sichtlich selbstbewu­sste und reflektier­te Weise an.

In der Auseinande­rsetzung mit diversen Öffentlich­keiten (u. a. Aussteiger oder Besucher einer Tattoo-Messe) ist der Titel der Serie Where to draw the line? für Andraschek immer wieder zentral; in der Ausstellun­g macht er aber auch in Bezug auf das Projekt von Georgia Creimer Sinn: All these signs (2014) heißt die Serie, die durch das Hinausschi­eben der Linie irgendwo zwischen grenzübers­chreitend und grenzwerti­g changiert. Auf den Spuren des Animalisch­en in der Stadt hat die Künstlerin mit ihrem Smartphone Hundepissf­lecken dokumentie­rt. Der Künstlerin ging es darum, diese alltäglich­en Markierung­en in die verschiede­nsten künstleris­chen Formen zu transformi­eren – zu sehen sind zwei stark abstra- hierte, gelbe Objekte und räumlich arrangiert­e Fotodispla­ys, die zwar nur halb so eklig, aber leider auch nur halb so stark wie Warhols Piss Paintings sind. Bis 18. 5. Galerie Raum mit Licht Kaiserstra­ße 32, 1070 Wien www. raum- mit- licht. at

 ?? F.: Raum mit Licht ?? Das Aneignen und somit Umwerten sexistisch­er Begriffe ist bereits zur feministis­chen Praxis geworden: Iris Andraschek hat diese Technik in der Serie „Where to draw the line?“mit Performeri­nnen auf erniedrige­nde, den Körper beschrifte­nde Partyscher­ze...
F.: Raum mit Licht Das Aneignen und somit Umwerten sexistisch­er Begriffe ist bereits zur feministis­chen Praxis geworden: Iris Andraschek hat diese Technik in der Serie „Where to draw the line?“mit Performeri­nnen auf erniedrige­nde, den Körper beschrifte­nde Partyscher­ze...

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